Benutzer:Jreiners/Interpretative Semantik
Die Interpretative Semantik ist Kern der semantischen Theorie, die 1963 von dem Linguisten Jerrold Katz und dem Kognitionswissenschaftler Jerry Fodor publiziert wurde, um zu erklären, mit welchem Regelapparat ein Sprecher korrekte Sätze bildet und wie dabei Wortbedeutungen positioniert und abgebildet werden.
Die Auseinandersetzung über Modelle der Semantik im Rahmen der Generativen Grammatik ist ein zentraler Punkt der als The Linguistics Wars bezeichneten wissenschaftlichen Debatte der 1960er und 1970er Jahre. Noam Chomsky integrierte die Interpretative Semantik in seine Generative Transformationsgrammatik, während einige von Chomskys früheren Schülern das Konzept einer Generativen Semantik bevorzugten. Das Ausmaß der Kontroverse lässt erkennen, dass es bei der Interpretativen Semantik nicht ausschließlich um ein linguistisches Problem geht, sondern ebenso um Aspekte der Philosophie, Kognitionswissenschaften sowie der Informatik.
Einordnung
Ausgangspunkt ist die Kritik an Noam Chomskys Aspekt-Version der Generativen Transformationsgrammatik, welche – als rein syntaktische Phrasenstrukturgrammatik – nur die grammatischen Kategorien und Relationen des Satzes einbezieht (Weiteres unter: The Linguistic Wars – Entwicklung der Debatte). Daraufhin wurde das Modell v. a. in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts von verschiedenen Wissenschaftlern um eine semantische Komponente erweitert:
- durch die semantische Interpretation von Katz und Fodor
- durch Noam Chomsky in seiner Standardtheorie[1] (1965−1970), in die er das Katz/Fodor-Modell integrierte und variierte.
- durch die – auch Generative Semantik genannte – Variante von George Lakoff u. a., welche die Mechanismen der Transformation gegenüber Chomsky/Katz/Fodor veränderte und deshalb auch als eigenständiges Modell verstanden werden kann.
Fodors kognitionswissenschaftliche Grundlage
→ siehe auch: Jerry Fodor und Noam Chomsky: Chomskys und Fodors Vorstellungen der angeborenen Modularität des Geistes
Jerrold Katz[2] arbeitete an diesem Projekt gemeinsam mit dem Kognitionswissenschaftler Jerry Fodor. Dessen Auffassung, dass das menschliche Gehirn ähnlich arbeitet wie ein Computer, bildet eine wichtige Grundlage ihrer Theorie. Sie gehen davon aus, dass die vielfältigen Strukturen und Bedeutungen der sprachlichen Äußerungen im Zusammenhang mit einem Regelapparat stehen, der sowohl durch Umformungen die Sprachverwendung erzeugt als auch das Verstehen ermöglicht. Fodor nimmt eine genetische Disposition an, deshalb könne jeder Mensch über diese Sprachkompetenz verfügen. Er bezeichnet die abstrakten Basisstrukturen als in bestimmten Gehirnregionen lokalisierte Sprache des Geistes. Beim Sprechenlernen müsse das Kind nur noch die lexikalischen Einheiten und Morpheme erwerben und sie mit den Strukturen verbinden. (Weiteres s. u. Sprache und Denken. Geist- und/oder Körper-Philosophie)
Konstituentenanalyse
Gemeinsam ist allen Transformationsgrammatiken, dass sie versuchen, durch kausale Abfolgen und Regeln diese Sprache – und damit den Prozess der Spracherzeugung und des Verstehens nachzubilden und somit eine universelle Basissprache für einen idealen Sprecher/Hörer zu modellieren. Entsprechend der Computer-Analogie übernahmen Katz/Fodor bei ihren Notationen die – in der Informatik verwendeten – mathematischen Symbole der Graphentheorie in Verbindung mit Algorithmen aus Chomskys Transformationsgrammatik: Grundform für die Konstituentenanalyse ist der Baumgraph (s. Kasten John). Die Oberflächenstruktur (Surface structure) des auf der rechten Seite abgebildeten Satzes John hit the ball wird in der Chomsky-Analyse aus einer abstrakten Tiefenstruktur (Deep structure) abgeleitet: Dabei werden die Nichtterminal-Symbole (oder Variablen), d. h. die grammatikalischen Konstituenten (z. B. bezogen auf die nebenstehende Graphik: S = sentence/Satz, NP = noun phrase/Subjekt bzw. Objekt, D = determiner/Artikel, N = noun/Nomen, VP = verb phrase/Prädikat, V = verb), stufenweise auf den Zwischenschritten mit Hilfe von Produktionsregeln (oft auch Ersatzregeln oder Phrasenstrukturregeln genannt) ersetzt, bis nur noch die Terminalsymbole (= Wörter) übrig bleiben. Nach diesem Muster kann man auch komplexe Sätze zerlegen und theoretisch unendlich lange Ketten bilden, indem immer wieder neue Teilsätze an die Satzteile angeschlossen werden, auf die sie sich beziehen:
- Julie verspricht Tina, Felix eine Mail zu schreiben, um ihm zu seinem Geburtstag zu gratulieren, den sie im letzten Jahr vergessen hat, das....
– nach Chomsky eine Demonstration der kreativen Leistungsfähigkeit der Sprache.
Das – einfachere – Beispiel John hit the ball erhält folgenden Regelsatz:[3]
- für die grammatikalischen Kategorien:
1: S → NP + VP (→ bedeutet: Satz besteht aus NP und VP) 2: NP → N 3: VP → V + NP 4: NP → ART + N 5: ART → {der, die, das} ({...} bedeutet: entweder ...oder) 6: N → {John, Ball} 7. V → treffen
- Das Lexikon mit den grammatikalischen Merkmalen,[4] auf die VP bezogen:
V NP Kategorie: Verb Kategorien: Artikel + Nomen Transitiv Akk. Objekt als Ergänzung (Komplement) gefordert Person: 1 Genus: Maskulinum Numerus: Singular Numerus: Singular Tempus: Präsens Kasus: Akkusativ Modus: Indikativ
- Die Regeln zur semantischen Relation sind unten im Zusammenhang mit dem Beispiel von Katz/Fodor aufgeführt.
Generative Satzbildung
Im Unterschied zu strukturalistischen Grammatiken segmentiert und klassifiziert Chomskys TG nicht nur die Sätze, sondern bildet auch die Relationen der Elemente in den Tiefenstrukturen und den Erzeugungsprozess der Oberflächenstrukturen ab[5] : Z. B wird der, an Attributen reiche, komplexe Satz „Die abenteuerlustigen Rucksacktouristen durchwandern ein von gefährlichen Banden kontrolliertes Gebirgsland“ transformiert aus einem Satzgefüge mit mehreren eingebetteten Sätzen: „Die Rucksacktouristen, die abenteuerlustig sind, durchwandern ein Gebirgsland, das von Banden, die gefährlich sind, kontrolliert wird.“ Entsprechend können die zusammengesetzten Nomen (Komposita) als komprimierte Sätze interpretiert und aus Relativsätzen generiert werden[6] : Touristen, die Rucksäcke tragen (wobei das nicht dem ganzen sozial-kontextuellen Bedeutungsumfang entspricht), Land, das aus Gebirgen besteht.
Das folgende Beispiel demonstriert die Ableitung bedeutungsgleicher Sätze, nach Chomskys Postulat[7] , von gemeinsamen Tiefenstrukturen:
(1) Dass Stefan nicht anruft [Subjektsatz in Kopfstellung könnte durch „Stefans ausbleibender Anruf“ ersetzt werden], beunruhigt [Prädikat] Lea [Objekt]
(2) Es [auf den dass-Satz hinweisende Partikel] beunruhigt Lea, dass Stefan nicht anruft. [Subjektsatz in Endstellung]
Die Tiefenstruktur beider Sätze besteht aus zwei Basisteilen:
S / \ NP VP | / \ S2 / \ / \ / \ NP VP V NP | | | | N V | | | | | | Stefan (nicht) anruf- beunruhig- Lea
Zwei Transformationen:
1. dass-Einfügung (Insertion) vor S2
2. Kongruenztransformation innerhalb des dass-Satzes: Übertragung der Merkmale vom Nomen „Stefan“ (Person: 3, Numerus: Sg.) auf das Verb (> anruft)
erzeugen die Oberflächenstruktur: „Dass Stefan nicht anruft, beunruhigt Lea“.
Für Satz (2) „Es beunruhigt Lea, dass Stefan nicht anruft“ müssen folgende Veränderungen vorgenommen werden:
1. dass-Satz rückt ans Satzende (Extraposition = Hinaussetzung): der Subjektsatz S2 wird als rechte Schwester an VP1 angefügt (adjungiert), d. h. er ist der VP1 gleichgestellt und dem gemeinsamen Mutter-Knoten S untergeordnet.
2. An seine Stelle (NP1-Knoten) tritt die Partikel „es“, die für [+Pro] einsetzbar ist, als Hinweis auf den dass-Satz:
S / | \ NP1 VP1 S2 | / \ / \ | / NP dass S | / | / \ | / | NP VP | / | | | [+Pro] V N N V | | | | | Es beunruhigt Lea Stefan ruft nicht an
Lakoff u. a. kritisieren Chomskys Ableitungsregeln (s. u.: Vergleich mit der Generativen Semantik) und zeigen bezüglich synonymer Sätze ihre Begrenztheit auf. Grundsätzliche Kritik üben u. a. Vertreter der Situationssemantik und Sprechakttheorie (s. u. Alternativkonzeptionen zu Chomskys Modellen): Im Rahmen der Transformationsprozesse werden Wörter bzw. eingebettete Sätze umgestellt, wobei es zu Akzentversschiebungen bei Redeabsicht und Bedeutung kommen kann. Z. B. sind im Chomsky-Modell die beiden Sätze „Du [gerade du] darfst das nicht sagen“ und „Das [>Inhalt] darfst du nicht sagen“ synonym. Auch textbezogene stilistische Gesichtspunkte der Wortstellung spielen keine Rolle.[8]
Das Modell der semantischen Interpretation
Konzeption
Katz und Fodor[9] stecken ihr Forschungsfeld einmal gegenüber der Grammatik (Wortarten, Satzstrukturen usw.) und zum Zweiten gegenüber den – von der Pragmatik fokussierten – außersprachlichen Zusammenhängen (wie der Redesituation und dem gesellschaftlichen Kontext) ab, deren Kenntnis für das Verständnis vieler sprachlicher Äußerungen Voraussetzung ist.
Als obere Grenze ihrer Theorie legen beide fest, dass ihr Modell mit ihrer formalen Notierung nicht die Art und Weise zu erfassen vermag, wie das Verständnis eines Satzes auf der Kenntnis äußerer Zusammenhänge beruht. Damit distanzieren sich Katz und Fodor von früheren Anschauungen einer Semantik, die diese Ansprüche erhob. Durch diese Eingrenzung sollen allein die Kenntnisse eines Sprechers von seiner Sprache (Sprachkompetenz) ermittelt werden. Von ihrer semantischen Theorie zu unterscheiden ist demnach die Theorie der Spracherzeugung/Spracherkennung, welche – unter Berücksichtigung psychologischer Aspekte wie der Motivation und der aktuellen Gedächtnisleistung – erklärt, wie die Regeln bei der realen Produktion eingesetzt werden, und in diesem Zusammenhang entwicklungsbedingte Faktoren, genetische Dispositionen, kognitive Lernvorgänge sowie Sozialisationsbedingungen berücksichtigt. Voraussetzung für ein Modell der Spracherzeugung, das zu klären sucht, „wie erworben und benutzt wird“, sei allerdings ihre Sprachtheorie, welche untersucht, „was erworben und benutzt wird“. Katz und Fodor sehen demnach ihre semantische Interpretation als Grundlage einer vollständigen Sprachtheorie der Zusammenhänge.
Als untere Grenze des Bereichs der semantischen Theorie legen sie – mit der Formel „linguistische Beschreibung minus Grammatik ist gleich Semantik“ – die Kompetenz des Sprachteilnehmers fest, die nicht durch die Grammatik allein erklärbar ist. Den Unterschied erläutern sie durch den Vergleich eines kompetenten Sprachteilnehmers mit den Defiziten einer Übersetzungsmaschine, die jedem Morphem eines Satzes den Lexikoneintrag – mit einer Sammlung von möglichen Bedeutungen – mechanisch zuordnet (= Grammatik). Damit demonstrieren Katz und Fodor, dass es – zur richtigen semantischen Interpretation – Anwendungsregeln (Projektionsregeln) bedarf, die – auf den grammatikalischen und lexikalischen Merkmalen basierend – für die Satzstrukturen die passende Bedeutungen auswählen. Diese Kompetenz wird als „Fähigkeit zur Interpretation von Sätzen“ bezeichnet. Dadurch werden inhaltliche Beziehungen, Mehrdeutigkeiten, Anomalie und Paraphrasierungen usw. festgestellt.
Voraussetzung für eine solche Kompetenz ist die Kreativität des Sprechers/Hörers: Ein kompetenter Sprecher vermag nicht nur, konventionell verständliche Sätze einer Sprache ( = eine begrenzte Menge) nachzubilden und zu verstehen, sondern jeweils nach seinem Bedürfnis neue zu kreieren bzw. diese bisher nie gehörten Zeichenketten zu entschlüsseln ( = unbegrenzte Menge). Die bekannten Regeln ermöglichen demnach eine Projektion auf unendlich viele bisher unbekannte Kombinationen. Aufgabe einer linguistischen Theorie ist es folglich, ein Regelsystem dieser Projektionen zu beschreiben, das „den kompositionellen Charakter des linguistischen Wissens des Sprechers widerspiegel[t]“. Ein kompetenter Sprachteilnehmer muss als Kind diese Anwendungsregeln in frühen Entwicklungsphasen vollständig aufbauen. Sie ermöglichen das Kodieren und Dekodieren sowohl von sprachlichen als auch von außersprachlichen Informationen. Ein solches semantisches Modell einer natürlichen Sprache soll – nach Katz’ und Fodors Auffassung – ähnlich der Interpretation eines formalen Systems funktionieren. Die Formulierung dieser Regeln bezeichnen Katz und Fodor als „Projektions-Problem“. Prinzipiell schließen sie sich Noam Chomskys Transformationsgrammatik[10] an , die ihrer Meinung nach das Projektionsproblem insofern teilweise gelöst hat, als diese in ihrem Ableitungsmodell (Konstituenz-Prinzip, s. o.: Konstituentenanalyse) die Bestandteile der Satzkonstruktionen und deren grammatikalische Relationen untereinander, zwischen den verschiedenen Ebenen sowie zu anderen Sätzen beschreibt – v. a. das Phänomen der syntaktischen Mehrdeutigkeit.
Mit einer Erweiterung, ihrer semantischen Theorie, versuchen sie das Projektionsproblem vollständig zu lösen, indem die Interpretationsfähigkeit der Sprechenden erklärt und dieser Vorgang modelliert wird. Das Regelwerk, das dem Satz eine Bedeutung gibt (die semantische Komponente), bezeichnen Katz/Fodor als semantische Interpretation. Bei der Modellierung dieses Prozesses gehen Katz/Fodor folgendermaßen vor:
- Ein Satz wird eingegeben und in seine lexikalischen und strukturellen Einheiten dekomponiert, z. B. in Form eines Baumdiagramms (s. o.: Konstituentenanalyse), das die Satzstruktur-Ableitungen bis zu den Wörtern bzw. ihren Bestandteilen darstellt. Diese Komponenten bilden die Eingabenstrukturen in die semantische Theorie.
- Die Lexikon-Komponente gleicht die Satzbestandteile mit den möglichen Bedeutungen ab: Aus Mehrdeutigkeiten wird durch Überprüfung der Passung (Kompatibilität) die richtige Bedeutung ausgewählt (Disambiguierung), u. a. durch eine Folge von Implikationen (wenn...dann-Regeln).
- Die Operationen der Projektionsregel-Komponenten wandeln ihre Eingabe in eine semantische Interpretation um, indem bei einem Konstituentenstrukturbaum von unten nach oben die Angaben miteinander abgeglichen, die Lesarten überprüft, Bedeutungen ausgewählt und zusammengefasst werden, bis die oberste Satzebene erreicht ist. Dabei wird nach dem Vergleich der semantischen Repräsentation durch Projektionsregeln die Menge der Zweige im nächsthöheren Knoten reduziert.
Beispiel einer Ableitung
Katz/Fodor demonstrieren diesen Prozess am Beispiel: The man hits the colorful ball.[11] Nach dem Muster der oben abgebildeten Grafik wird der Satz in seine lexikalischen und strukturellen Einheiten bis zu den Wörtern zerlegt. In Erweiterung des Baumgraphen werden alle Eigenschaften und die möglichen Bedeutungen der Wörter eingetragen:
ball (1) [konkretes N → gesellschaftliche Aktivität → groß → Versammlung → zum Zweck des Tanzens..] ball (2) [konkretes N → physischer Gegenstand → kugelförmig → zum Spielen...] ball (3) [konkretes N → physischer Gegenstand → festes Geschoss zum Schleudern mit Hilfe einer Maschine → zum Einsatz im Krieg....] colorful (1) [Adjektiv → Farbe → reich in Bezug auf Kontrast und Abwechslung leuchtender Farben <Physischer Gegenstand v gesellschaftliche Aktivität>...] colorful (2) [Adjektiv → wertend → besitzt einen ausgeprägten Charakter, Lebhaftigkeit oder malerisch <ästhetischer Gegenstand v gesellschaftliche Aktivität>...] usw.
Katz/Fodor beginnen auf der untersten Ebene (also der NP innerhalb der VP = Objekt) mit dem Abgleich der Lexikoneinträge der einzelnen mehrdeutigen Wörter und Ketten bezüglich Homonymie und Verträglichkeit (farbig, Ball > farbiger Ball). Die Bedeutungsmöglichkeiten werden mit Hilfe von Projektionsregeln im übergeordneten Knoten zusammengefasst usw.
S / \ NP VP / \ / \ D N V NP | | | / / \ The man hits D A N / / \ / | \ the c(1) c(2) b(1) b(2) b(3)
Die NP den farbigen Ball setzt man mit dem Prädikat (V ) treffen in Bezug,
treffen [V → [[transitiv]]es Verb → Handlung → Augenblicklichkeit → Intensität → schlägt mit einem Schlag oder mittels eines Geschosses → irgendwie kontextuell bestimmt...]
überprüft wieder die verschiedenen Bedeutungen, wählt die Passungen aus, fasst die Menge der abgeleiteten Zweige im VP-Knoten zusammen. Dabei fällt jeweils die Entscheidung, was semantisch normal und anomal ist. Zuletzt wird die NP (Subjekt) der Mann mit der VP in Verbindung gebracht. Mit der Projektion im obersten S-Knoten ist die semantische Interpretation abgeschlossen.
Die semantischen Relationsregeln können in Verbindung mit den oben unter Konstituentenanalyse beschriebenen Angaben folgendermaßen – vereinfacht – formuliert werden:[12]
1. S << [NP + VP] >> I (S) = B [I (NP), I (VP)] (verbalisiert: Wenn S die Kette NP + VP dominiert, dann gilt: Der Satzinhalt besagt, dass der Inhalt von NP den Inhalt von VP bewirkt, d. h. „Der Mann“ ist der Akteur) 2. VP << [V + NP] >> I (VP) = W [I (V), I (NP)] (verbalisiert: Wenn VP die Kette V + NP dominiert, dann gilt: Der VP-Inhalt sagt aus, dass der Inhalt von V auf den Inhalt von NP wirkt, d. h. der Vorgang des Treffens hat Auswirkungen auf Zustand und Bewegung des Balles) 3. NP << [ART + N]] >> I (NP) = I (N) (verbalisiert: Wenn NP die Kette ART + N dominiert, dann haben NP und N den gleichen Inhalt, d. h.: Der Kategorie ART wird kein Inhalt zugeordnet) 4. NP << [[(ART) + ADJ + N] >> I (NP) = E [I (ADJ), I (N)] (verbalisiert: Wenn NP die Kette ART + ADJ + N dominiert, dann steht der Inhalt von ADJ in der Relation E zum Inhalt von N, d. h. „bunt“ ist eine Eigenschaft des Balles)
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der semantische Interpretationsprozess prinzipiell an der Satzstruktur, also den Satzteilen, orientiert ist.
Vergleich mit der Generativen Semantik (GS) von George Lakoff
- Katz/Fodor organisieren den Baumgraphen – wie Chomsky – in Nominalphrase (NP = Subjekt) und Verbalphrase (VP mit V + NP = Prädikat + Objekt) als unmittelbare Konstituenten des Satzes (S). An diesem Konstituenzmodell wird kritisiert,[13] dass es mehrwertige semantische Relationen des Verbs zu der NP (Subj.) und der NP (Obj.) nicht abbilden kann. Lakoff[14] u. a. haben diese Kritik aufgegriffen und den Baumgraphen nach der Valenztheorie organisiert, in der die Rolle des Verbs im Satz durch Gleichstellung mit den NP aufgewertet wird. Das ermöglicht in der Notation die Unterscheidung zwischen ein-, zwei- und dreistelligen Prädikaten, wenn (z. B.) zwischen mehreren NP, die S ohne Zwischenstation direkt unterstellt sind, eine Relation besteht, deren Inhalt vom Verb bestimmt wird. Auf das Beispiel (s. o. 4.2) bezogen: Bei einer früheren Berücksichtigung des Verbs und der NP (Subjekt-Objekt)-Beziehung könnte das Regelwerk vereinfacht werden.
- Baumgraph nach der Valenztheorie:
S / / \ \ NP(1) V NP(2) NP (PP)(3) | | / | \ / | \ Jörg setzt seine kleine Tochter in den Buggy
Am Beispiel synonymer Sätze (s. Generative Satzbildung) wird demonstriert, dass die Tiefenstruktur des Aspects-Konzeptes Chomskys in einigen Fällen nicht geeignet ist, syntaktische und semantische Eigenschaften bezüglich des Charakters der Verwandtschaftsbeziehung abzubilden.[15] Nach diesem Modell haben
- (1) Die Sonne erwärmt das Wasser
- und
- (2) Die Sonne macht das Wasser warm
- zwei verschiedene Tiefenstrukturen und semantische Relationen:
(1) ist ein einfacher Satz mit der zentralen semantischen Relation zwischen dem Verb erwärmen und dem Objekt (NP) das Wasser:
S / \ NP VP | / \ die Sonne V NP | | [wärm] das Wasser
(2) ist ein zusammengesetzter Satz mit der zentralen semantischen Relation zwischen dem Verb machen und dem davon abhängigen Satz (embedded sentence) das Wasser ist warm:
S / \ NP VP | / \ die Sonne V NP | | [mach] S | das Wasser ist warm
In Lakoffs an der Valenztheorie orientiertem Modell mit seiner Dekomposition in atomare Elemente (Prädikate), die durch FORMATIVE ersetzt werden (Erklärung dazu: nächster Abschnitt), haben die beiden synonymen Sätze eine gemeinsame Ableitung: Die Sonne (x) bewirkt, dass es dazu kommt, dass das Wasser (y) warm ist:
S / | \ V NP NP | | | BEWIRK x S / \ V NP | | KOMM DAZU S / \ V NP | | WARM y
- Die den Sätzen zugrunde liegenden abstrakten Basiskomponenten erzeugen in der GS – anders als bei Katz/Fodor – nicht mehr syntaktische Tiefenstrukturen, sondern semantische Satzrepräsentationen, welche die Satzbedeutung vollständig beschreiben. Das geschieht durch kleinste bedeutungstragende Bausteine (= atomare Prädikate), die in Großbuchstaben geschrieben werden. Deshalb kommt Lakoffs Modell – im Unterschied zur TG – ohne auf den Tiefenstrukturen operierende semantische Komponenten aus. Bei der GS ersetzt die an die semantische Satzrepräsentation anschließende Transformationskomponente die abstrakten atomaren Prädikate, die bereits Bedeutungsträger sind, durch Formative. Diese müssen nur noch mit den bisher fehlenden phonologischen und syntaktischen Eigenschaften ausgestattet werden und stellen korrekt geformte – normalsprachliche – syntaktische Oberflächenstrukturen her.
- Zusammenfassung: Es bestehen prinzipiell unterschiedliche Auffassung bezüglich des Verhältnisses von Syntax und Semantik. Die TG von Katz/Fodor sowie Chomsky setzen sich aus zwei unterschiedlichen Regelapparaten zusammen: generative Syntax und Semantik, welche die durch die Syntax aufgebauten Strukturen interpretiert. Strukturierungen und semantische Beziehungen sprachlicher Ausdrücke sind demnach zwei verschiedene sprachliche Aspekte. In der GS gibt es dagegen keine prinzipielle Differenz zwischen semantischen und syntaktischen Erscheinungen und deshalb nur einen einzigen semantischen Regelapparat.
Im Rahmen der als Linguistics Wars bezeichneten Auseinandersetzung zwischen Chomsky und Lakoff streiten beide über die Rolle der Semantik in ihren Modellen.[16] Chomsky kritisiert, seine Theorie würde von den Gegenern nicht richtig verstanden[17] Ihn unterstützend erklärt sein Mitarbeiter Ray Jackendoff, dass die erweiterten Versionen der TG die Syntax über Schnittstellen mit den Bedeutungsträgern verbinden und dass somit beide an der Spracherzeugung beteiligt sind, mit ähnlicher Wirkung wie in der GS.[18] Weiterhin wird konstatiert, die GS würde die zentralen semantischen Phänomene, z. B. Synonymie, nicht mit ihrem Regelapparat, sondern durch die zusätzlichen Bedeutungspostulate erklären. Es handele sich also ebenfalls um einen Zusatz zur Syntaxbeschreibung. Diese Bedeutungspostulate sind Regeln, die Beziehungen differenzierend formulieren, z. B. zwischen den beiden Satzgefügen:
- Jens schenkt ständig nach (= bewirkt), dass Jenny sich betrinkt
- bzw.
- Jens lässt es zu, dass Jenny sich betrinkt
Durch das der symbolischen Logik entnommene Postulat wird festgelegt, dass jeder BEWIRK-Satz auch einen LASS ZU-Satz einschließt, aber nicht umgekehrt (Implikation). Die GS erfasst mit Bedeutungspostulaten außerdem implizierte Satzvoraussetzungen (Präsuppositionen). Beispielsweise enthält die Aussage
- Tina hat nach ihrem Abitur Urlaub in die Karibik gemacht
- die Präsupposition Tina hat Abitur.
Die Beziehung setzt voraus wird als S1 → S2 formalisiert:
- Tina hat Urlaub in der Karibik gemacht → Tina hat Abitur.[19]
In Differenz zur von Katz/Fodor vorgenommenen Abgrenzung ihres Forschungsfeldes erhebt die GS den Anspruch, auch sprachliche Kontextbeziehungen und Sprechsituationen in ihr Modell einzubeziehen, stößt dabei jedoch an Grenzen der mathematischen Formalisierbarkeit.
The Linguistics Wars – Lakoff gegen Chomsky
Überblick
Als Linguistics Wars[20] bezeichnet man die – bis in gegenwärtige Diskussionen ausstrahlende – Auseinandersetzung zwischen amerikanischen Sprachwissenschaftlern in den 1960er und 1970er Jahren: v. a. zwischen Noam Chomsky und seinem ehemaligen Schüler George Lakoff sowie ihren Anhängern: z. B. Ray Dougherty[21] und Ray Jackendoff auf der einen bzw. James McCawley,[22] John R. (Haj) Ross[23] und – mit Kritik an der wissenschaftlichen und persönlichen Integrität Chomskys – Paul Postal[24] auf der anderen Seite. Weitere Philosophen, Kognitions- und Kybernetikwissenschaftler usw. kamen dazu.
Entwicklung der Debatte: Interpretative oder generative Semantik
Chomsky hatte sich in den 1960er Jahren durch seine Kritik an bis dahin vorherrschenden Lehrmeinungen profiliert: am amerikanischen Strukturalismus sowie am Behaviorismus. Als positivistische Erfahrungswissenschaften analysierten diese nur das beobachtbare Verhalten. Mit seiner Generativen Grammatik versuchte Chomsky dagegen das – nicht beobachtbare – für alle Sprachen gültige abstrakte Regelwerk in Orientierung an den Satzstrukturen computergerecht zu modellieren. Aus solchen Konstruktionen sollte dann die unbegrenzte Zahl aller Sätze ableitbar (generierbar) sein – was empirisch zu testen wäre. In diesem Zusammenhang postulierte Chomsky, der Mensch sei kein Reiz-Reaktionsapparat, sondern verfüge über eine kreative Denk-Sprachmaschine. Mit seinen Vorstellungen erweckte er das Interesse der Öffentlichkeit an der neuen Forschung und gewann unter den Studenten viele Anhänger für seine Idee der Generativen Transformationsgrammatik.
Jedoch entwickelten einige seiner Mitarbeiter alternative Vorstellungen und begannen, da sie diese bei ihrem Meister nicht realisieren konnten, eine öffentliche wissenschaftliche, z. T. auch persönliche Auseinandersetzung. Andererseits führten an ihrer Stelle neue Schüler Chomskys Ansätze weiter und verteidigten sie in Streitschriften.
Die Auseinandersetzung entzündete sich an Chomskys ersten Modellen der Generativen Transformationsgrammatik,[25] welche die Wortbedeutungen nicht mit einbezogen. Daraufhin entwarf Jerrold Katz zusammen mit Paul Postal[26] bzw. Jerry Fodor,[27] die zusammen mit anderen jungen Wissenschaftlern am linguistischen Graduiertenkolleg des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge die TG weiterentwickelten, das Konzept der Interpretativen Semantik, und Chomsky übernahm es in seine Standardversion.[28] Alternativ dazu erarbeitete Georg Lakoff das Modell der Generativen Semantik,[29] das im Gegensatz zu Chomsky nicht von Satzstrukturen (Syntax), sondern von den semantischen Formativen (als Basisbausteinen) ausgeht. Im Unterschied zu Chomsky/Katz/Fodor verfolgte er das Ziel, bei der Modellierung der Sprachprozesse den Situationszusammenhang des Sprechers einzubeziehen, und kritisierte die Trennung von Syntax und Semantik in deren Modellen (s. o.: Vergleich mit der Generativen Semantik (GS) von George Lakoff). An diesem Punkt setzt der Streit ein:[30] Chomsky weist den Vorwurf zurück und kontert, Lakoff würde seine Theorien nicht richtig verstehen.[31] Ihn unterstützend erklärt sein Mitarbeiter Ray Jackendoff, dass die erweiterten Versionen der TG die Syntax über Schnittstellen mit den Bedeutungsträgern verbinden und dass somit beide an der Spracherzeugung beteiligt sind.[32]
Ausweitung der Auseinandersetzung
Die Diskussion weitete sich auf andere Wissenschaftsgebiete aus. Beispielsweise sieht der Kognitionswissenschaftler Marvin Minsky einen Zusammenhang zwischen dem schlechten Zustand von Übersetzungsmaschinen und Chomskys Fixierung auf die Syntax. Seiner Meinung nach kann man eine Wortgruppe auch ohne Satzbau verstehen: thief (Dieb), careless (leichtsinnig), prison (Gefängnis).[33] So werden im Laufe der Zeit Chomskys Hypothesen – z. B. über die Tiefenstruktur – und Modelle auf den Prüfstand gestellt. Minsky kritisiert, Chomsky und sein Team sollten sich – anstelle der Tiefenstrukturen – mehr mit den Oberflächenstrukturen, also der realen Sprachverwendung, beschäftigen.
Nach dem Auslaufen der Debatten in den 80er Jahren hatte sich die linguistische Landschaft verändert:
Einerseits hielt Chomsky an Grundpositionen fest (wie seine Vorlesung in Köln im Juni 2011[34] bestätigt) und perfektionierte seine Theorie mit weiteren Versionen:
- Der Universalismus (s. u: Universalismus oder Linguistischer Relativismus – Chomsky gegen Whorf) bleibt für ihn ein Hauptcharakteristikum der menschlichen Sprache.[35]
- In diesem Zusammenhang unterscheidet er weiterhin zwischen I (Internal) und E (External) Language, wobei I L die geistigen Kompetenzen eines native speakers repräsentiert und damit den Untersuchungsgegenstand bildet, im Gegensatz zur E L, der Sprachverwendung im sozialen Kontext.[36]
- Die Rekursivität sieht er als Prinzip des Spracherzeugungsprozesses an (s. Kasten Russische Puppe).
Andererseits gab Chomsky im Laufe der Zeit einige alte Prinzipien auf und übernahm Aspekte der Konzepte seiner Kritiker:
- Chomsky veränderte in Government and Binding (GB)[37] – vorübergehend – das Modell der Tiefen- (Deep-s.) und Oberflächenstruktur (Surface-s.) und verwandte letztere für die Eingabe der phonetischen (PF) und der logischen Form (LF), welche die Rolle der semantischen Interpretation übernimmt: Projektionsregeln verknüpfen sie mit dem Lexikon.
- Verknüpfungsanweisungen (i) markieren im Rahmen einer neuen Formulierung die Zugehörigkeit z. B. eines Pronomens zu seinem Bezugs-Nomen in Relation zum übergeordneten Regierungs-Knoten[38] und treffen die Entscheidung über korrekte und nicht-korrekte Sätze. Im Beispiel Juliei winkt ihremi Opa bindet Julie das Possessivpronomen ihrem, weil beide im übergeordneten Knoten (parent-node) koreferenziell sind, d. h. sich auf dieselbe Person beziehen.
- In Extended Standard Theory (1964-1973) und GB ersetzte er die Zerlegung komplexer Sätze (Generalized Transformations,1957; s. o.: Konstituentenanalyse) in einzelne Hauptsätze durch rekursive Phrasenstrukturregeln, ein rekursives Regelsystem (s. u.: Universalismus oder Linguistischer Relativismus), das die Bildung unendlich vieler Sätze ermöglicht.
- Das Minimalist Program[39] verzichtet u. a. auf die in den wars verteidigten Tiefenstrukturen und eliminiert ebenfalls PF und LF.
- Das Government and Binding-Konzept baut die Steuerfunktion des Verbs – ähnlich der Valenztheorie – als Theta-Rolle ein (s. o.: Vergleich mit der Generativen Semantik). Bereits 1968 hatte die Kasusgrammatik (Case-Grammar) Charles J. Fillmores[40] die semantischen Relationen vom Verb aus organisiert, indem es Subjekt, Objekte und Adverbialien (wie Ausgangspunkt, Ziel, Ort einer Handlung...) fordert.
Das Gegenlager musste allerdings erkennen, dass es seine Ziele mit den Methoden der Generativen Grammatik nicht erreichen konnte, und wandte sich zunehmend der pragmatischen Sprachforschung zu, welche die Wortbedeutungen im Umweltbezug in den Mittelpunkt stellt.
Parallel zu Chomskys Konzepten entstand neben der Lakoff-Variante eine Vielzahl von Modellen in einem Bezugsfeld zwischen formaler Semantik, pragmatischer Korpuslinguistik, philosophischen bzw. kognitionswissenschaftlichen Theorien und praktischen Umsetzungen in Computerprogrammen. Einige davon sind exemplarisch im nächsten Abschnitt skizziert, um aus dieser Perspektive die Diskussion über Chomskys Entwürfe zu fokussieren.
Alternativkonzeptionen zu Chomskys Modellen
Die formal-logische Satzsemantik von Richard Montague[41][42] postuliert, auch auf natürliche Sprachen anwendbar zu sein, da diese eine logische Struktur haben, in der die Bedeutung mit dem Satzbau korreliert. Konsequenterweise werden, im Unterschied zu Chomskys frühen Entwürfen, a priori die Satzbauelemente mit den Bedeutungsmerkmalen verbunden. Entsprechend der Wahrheitsfunktionale[n] Semantik (1944) seines Lehrers Alfred Tarski erweitert Montague die mathematisch-logische Beschreibungen bezüglich wahrer oder falscher Aussagen um Kontextbezüge, indem er Gottlob Freges Begriff der Extension aufgreift und den Begriffsumfang berücksichtigt, der einen Bezug zwischen dem sprachlichen Ausdruck und der Welt darstellt. Die Bedeutung besteht somit aus Inhalt (Intension) und Bezug zu einem Objekt (Extension). Der Wahrheitsgehalt wird also nicht am Inhalt der Aussage selbst überprüft, sondern an der Objektwelt (Eine Aussage ist wahr, wenn sie den Tatsachen entspricht[43]). Dadurch kann z. B. ausgeschlossen werden, dass die Aussage „Katharina sieht Gespenster“ nicht die Existenzaussage „Es gibt Gespenster“ enthält. Von Frege wurde auch das Kompositionalitätsprinzip für zusammengesetzte Nomen (Bsple: Solarenergie, Elektroauto), aber auch für Sätze übernommen, deren Bedeutungen sich aus denjenigen der Teile ergeben. Deshalb werden die Ausdrücke mit syntaktischen Kombinationsregeln ausgestattet und in eine formale Logiksprache übersetzt (semantische Repräsentation). Dieses Konzept arbeitet nicht mit Transformationen, im Gegensatz zu Chomskys frühen Versionen, in denen z. B. hypotaktische Satzstrukturen in Hauptsätze aufgelöst werden, um sie formalisieren zu können (s. o.: Konstituentenanalyse und Vergleich mit der Generativen Semantik Lakoffs). Montagues Modell bezieht sich allerdings nur auf die Analyse einzelner Sätze (s. Satzsemantik) und schließt, zumal nur ein exemplarisches, also begrenztes Lexikon zugrunde gelegt wird, ähnlich Chomskys Interpretative[r] Semantik pragmatisch-linguistische Aspekte aus.
Wie Montagues Satzsemantik und die späteren Konzepte Chomskys verzichten die meisten Entwürfe dieser Epoche auf die Trennung von syntaktischen und semantischen Merkmalen sowie auf Projektionsregeln, so auch die Ende der 1970er Jahre von Joan Bresnan,[44] einer Studentin Chomskys, und Ronald Kaplan entwickelte Lexikalisch-funktionale Grammatik (LFG), welche Ansätze Chomskys und seiner Kontrahenten vereint:
Einerseits orientiert sich die LFG an der von Perlmutter, vom Chomsky-Kritiker Paul M. Postal[45] (s. o.: Linguistics Wars, Überblick) u. a. konzipierten Relationalen Grammatik (RG),[46][47] bzw. ihrer Weiterentwicklung, der Arc-Pair-Grammatik.[48] Der Begriff Relational Grammar bezeichnet einen Hauptunterschied zu Chomskys Konstituentenanalse der Aspects-Version: Postal formalisiert, ähnlich Lakoff (s. o.: Generative Semantik), vorrangig die syntaktischen Relationen zwischen den vom Verb geforderten Satzteilen (Subjekt, Objekte) nach dem Muster der Valenztheorie.
Andererseits bezieht sich die LFG auf Chomsky-Modelle der 1970er und 80er Jahre (z. B. die Revised Extended Standard Theory) und integriert verschiedene syntaktisch-grammatikalische Phänomene (wie Wortarten-, Personen-, Numerus-, Genus-, Kasus- und Tempus-Angaben) in die semantischen Informationen sowie das Lexikon. Dabei verwendet dieses Modell, in Anpassung an Anforderungen der Computerlinguistik, sowohl das Konstituentenprinzip (die Zerlegung der Wörter in Morpheme ermöglicht die Speicherung nur der Grundformen) als auch, wie die Unifikationsgrammatiken, Merkmalsstrukturen in Attribut-Wert-Matrizen (s. u.: HPSG), die durch Beschränkungsregeln die korrekten Sprachformen ausfiltern, sodass die LFG als theoretische Grundlage verschiedener maschineller Übersetzungsprogramme dient.
Andere Unifikationsgrammatiken, die von C. J. Pollard und I. A. Sag[49][50] entwickelte Head-driven Phrase Structure Grammar (HPSG)[51] und ihre zahlreichen Modifikationen, bündeln die Charakteristika der Wörter ebenfalls in einer Merkmal-Wert-Struktur. Danach werden die Merkmalszuweisungen hinsichtlich ihrer Übereinstimmungen durch Subsumtion zwischen den Wörtern mit Hilfe von Funktionen und Relationen abgeglichen und in einem Prozess der Unifikation (Vereinigung) zu einer Gesamtstruktur geführt. Grundlage ist die Attribut-Wert-Matix (attribute-value matrix, AWM) mit einer Zusammenstellung verschiedener Bereiche (z. B. Typen für grammatikalische Eigenschaften und Bedeutungen) in einer zweispaltigen Merkmal/Werte- Liste (index-Bspl.: die Ärztin...: Merkmale: Person, Numerus, Genus, Kasus / Werte: 3, Sg, f, Nom. usw.), die auch Aspekte der Formveränderung durch Deklination und Konjugation, des Satzbaus, der Wortbedeutung, der Funktion der Laute und einige Kontext-Phänomene enthält. Die grammatikalischen Regeln sind als Bedingungen (Beschränkungen bzw. Restriktionen genannt) formuliert: Z. B. erhalten aufeinander bezogene Wörter dieselben Merkmalszuweisungen, um die Subjekt- und Objektrolle festzulegen: Nomen: Junge [1], Katze [2] – Verb: streicheln: [1] agens (= aktiver Handlungsträger), [2] patiens (= Ziel einer Handlung).
Die Semantik-Konzeption der HPSG ist ausgerichtet auf die von Kenneth Jon Barwise[52][53][54][55] und Keith Devlin[56] entworfene Situationstheorie und die auf ihr basierende, v. a. in den 1980er und 90erJahren diskutierte, Situationssemantik. Nach der Situationstheorie ergibt sich die Bedeutung aus dem Zusammenhang zwischen Redesituation, persönlicher Einstellung, den räumlichen und zeitlichen Faktoren und der Äußerung selbst. In der HPSG werden z. B. unter dem Stichwort context Hintergrundinformationen über das Aussprechen des Satzes und die Umstände des Sprechens gegeben: über den Sprecher, den Adressaten, den Ort.[57]
Die Situationstheorie grenzt ihr Untersuchungsfeld auf die tatsächliche Welt (actual world.) ein, bzw. auf einzelne Aspekte: die Situationen, im Gegensatz zur formal-logischen Mögliche-Welten-Semantik (possible world semantics: s. Saul Kripke[58][59]), welche versucht konjunktivische Aussagen zu operationalieren. Dieser Ansatz geht von philosophischen Erörterungen einer Einbeziehung kontrafaktischer, d. h. potentieller, nur vorstellbarer Situationen in den Wahrheitsbegriff aus (Wenn Noam Chomsky nicht nach Köln eingeladen worden wäre, hätte er zu Hause in Lexington...). Verschiedene Schulen der Modallogik[60] entwickelten entsprechende Operatoren, um irreale Aussagen, aber auch Abstufungen zu erfassen und damit ihr Analysefeld auf modale Zustände zu erweitern. Solche Operatoren für die philosophischen Modalbegriffe „möglich“ oder „notwendig“ können ethisch (kann/muss),[61] zeitlich (irgendwann/immer) bzw. erkenntnistheoretisch (möglich/gewiss) variiert werden. Modallogische Ansätze wurden von Linguisten wie Angelika Kratzer[62], die ihre Dissertation u. a. mit Hilfe des Mögliche-Welten Theoretikers und Sprachphilosophen David Kellogg Lewis[63][64] erarbeitete, aufgegriffen, um kontextabhängige semantische Phänomene, insbesondere Modalverben und Bedingungen zu analysieren, die Verweise auf bestimmte Arten von Informationen sind und entsprechende Einstellungen der Sprecher signalisieren, z. B. die Anwendungsbereiche von Indefinita.
Während Chomsky nach Ferdinand de Saussures dichotomer Theorie (d. h.: Differenzierung einerseits in langue = Sprachsystem und andererseits in parole = Sprachgebrauch) zwischen Internal-Language (Kompetenz) und External-Language (Performanz) unterscheidet und nur das Sprachsystem analysiert (s. o.), betrachtet die in den 1960er Jahren entstandene und zunehmend in der Computerlinguistik verwendete Korpuslinguistik diese Trennung als künstlich und nicht der Realität entsprechend. Ihre Pioniere Henry Kučera und W. Nelson Francis sammelten empirisch aktuelle Äußerungen verschiedener Textsorten aus dem öffentlichen Bereich, beispielsweise aus Zeitungen oder politischen Publikationen, und stellten sie in Korpora (Brown Corpus of Standard American English) zusammen, um auf dieser Grundlage computerlinguistische Analysen durchzuführen[67][68] und Regelsysteme des natürlichen Sprachgebrauchs zu untersuchen. Die immer umfangreicheren Textspeicher werden auch von Linguisten benutzt, z. B. um Worthäufigkeiten festzustellen, die Wortbedeutungen zu überprüfen und regelmäßig verwendete Wortgruppen in Sprachmustern sowie die semantischen Beziehungen und Anordnungen der Wörter (Kollokation) zu erforschen.
Auf einem kognitionswissenschaftlichen Ansatz basiert die Prototypensemantik[69] der Psychologin Eleanor Rosch[70] (u. a.), die sich mit den Wortfeldern verschiedener Sprachen befasst: Ausgangspunkt der in den 1970er Jahren entstandenen Prototypentheorie[71][72] war die Überprüfung einer, durch ihre Untersuchungen in Papua-Neuguinea bestätigten, These,[73] dass alle Menschen ähnliche Farbwahrnehmungen haben, auch wenn ihnen die entsprechenden Begriffe fehlen. Die mit englischsprachigen Vergleichsgruppen übereinstimmenden Farbkategorien wurden von Rosch als Basis-Objekte interpretiert. Sie schloss aus dem Experiment auf eine universell gültige mentale Repräsentation dieser Prototypen, die Gegenstand der nach ihnen benannten Semantik sind: Danach gibt es, vergleichbar mit Wittgensteins Vorstellung der Familienähnlichkeit (s. u.: Kritik im Bereich der Sprachwissenschaft), eine Abstufung z. B. von zentralen Vogel-Wörtern (Amsel, Sperling) bis zu den unscharfen Rändern (Strauß, Pinguin, Fledermaus), was durch modifizierende Wörter (eigentlich nicht, streng genommen, im weitesten Sinne) zum Ausdruck gebracht wird. In Georg Lakoffs ähnlichen idealized cognitive models (ICM) ist außerdem die Metaphorik (Vogel = merkwürdige Person) aufgenommen. Die Nähe ihrer semantischen und kognitionswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkte wird auch durch die Zusammenarbeit Roschs und Lakoffs mit dem Neurobiologen Varela (s. u.) bezüglich des Zusammenhangs der Objektwahrnehmung durch die körperlichen Sinnesorgane und die Objekt- und Körper-Abbildung in neuronalen Mustern deutlich[74] (s. u.:Dekompositionsprinzip oder linguistischer Holismus).
Diese ganzheitliche Vorstellung ist typisch für die zahlreichen, im Detail unterschiedlichen Modelle der Konstruktionsgrammatik und manifestiert sich in einer Erweiterung des Kontextbegriffes sowie der Semantikrepräsentation durch die Verbindung der einzelnen sprachlichen Phänomene mit einem Gesamtnetz. In Anlehnung an kognitionswissenschaftliche Erkenntnisse geht man von einem wechselseitigen Prozess aus, bei dem die Gesamtbedeutung im Gegensatz zur Komponenten-Analyse-Methode nicht aus den Teilen zusammengesetzt werden kann. Vielmehr sind diese eingeordnet in die Konstruktion. Stellvertretend für die Gruppe der Konstruktionsgrammatiken sind im nächsten Abschnitt Konzeptionen von Charles J. Fillmore und Georg Lakoff bzw. Adele Goldberg skizziert (s. u.: Fillmores Form und Bedeutung – Semantik).
Ein Vergleich der Grammatikkonzepte der Chomsky-Ära ergibt Gegensatzpaare, die z. T. in den folgenden Abschnitten ausgeführt bzw. um weitere Polaritäten ergänzt werden:
Chomskys Standardtheorie u. a. | Alternativkonzeptionen |
---|---|
Einzelsatzbetrachtung mit Hilfe von Konstituentenanalyse | Textuntersuchungen (Korpus) |
getrennte Syntax-Semantik-Repräsentation | unifizierte Merkmalsbündel |
Projektionsregeln | Beschränkungen |
Sprache-Denken-Gleichsetzung | ganzheitliche Geist-Körper-Sprache |
abstrakte- | realitätsbezogene Sprachauffassung |
lineare formallogische- | wechselseitige komplexe Prozesse |
Sprache und Denken: Geist- und/oder Körper-Philosophie
→ siehe auch: Chomskys und Fodors Vorstellung der angeborenen Modularität des Geistes
Die Heftigkeit der Jahrzehnte andauernden Auseinandersetzung[79] ist allerdings erst vor dem Hintergrund unterschiedlicher Philosophien verständlich. Es geht nicht nur um Grammatikmodelle und ihre Abbildung in Computerprogrammen sowie persönliche Verletzungen, sondern auch um die Auffassung der Chomsky-Gruppe von einer angeborenen Universalgrammatik, um die Beziehung zwischen Denken und Sprache und um die Rolle der realen Umwelt bei den Sprachprozessen (Weiteres unter: Kritik von Seiten der Kognitionsforschung). Diese Zusammenhänge werden noch deutlicher, wenn man die Entwicklung von Lakoffs Theorie des Geistes (1975) verfolgt: seine Hinwendung zum embodied mind und seine Konzeptionen zur Untersuchung der Metaphorik der Sprache (conceptual metaphor)[80][81] (s. u. Leben in Metaphern?)
Seinem Ansatz steht Chomskys Position diametral gegenüber: ein logisches, kreatives Sprach-Denk-Regelsystem mit genetischer Disposition als Rahmen für den Sprachlernprozess und, daraus abgeleitet, die Universalität grammatischer Basiskomponenten.[82][83] Diese Kernpunkte seiner, der Transformationsgrammatik zugrunde liegenden, Sprachphilosophie werden im Rahmen der vergleichenden Untersuchung Cartesian Linguistics[84] auf historische Vorbilder bezogen, auf die sogenannte „cartesianische Linguistik“ aus der Epoche der Aufklärung, und als deren Weiterentwicklung gedeutet. Der Begriff verweist auf René Descartes[85][86] Auffassung von der dualen Natur des Menschen: Sie wird unterteilt in einen materiellen Körper mit dem Gehirn (res extensa) und einen immateriellen rationalen Denk- und Bewusstseinsapparat (res cogitans), welcher, als Spiegel der spirituellen Seele, die Aktionen des Körpers lenkt. Auf dieser Grundlage haben die beiden Philosophen Antoine Arnauld und Claude Lancelot im 17. Jh. ihre Port-Royal Logik bzw. Port-Royal-Grammatik (Grammaire générale et raisonnée contenant les fondemens de l'art de parler, expliqués d'une manière claire et naturelle. 1660)[87][88] verfasst, benannt nach ihrem damaligen Arbeitsort, dem Kloster Port Royal des Champs bei Paris. Sie postulieren die Grammatik als universellen geistigen Prozess und als duales System, das einen inneren, mentalen Aspekt, der die Bedeutung vermittelt, sowie eine äußere, körperliche, phonologische Erscheinung umfasst. In diesem Ansatz der geistigen Kompetenz eines Satzes, als Spiegel des Denkens, entdeckt Chomsky eine Verwandtschaft mit seiner Vorstellung von einer Tiefenstruktur (s. Generative Satzbildung), die mit einer für alle Sprachen gültigen, abstrakten Grammatik und einem begrenzten Regelsatz den kreativen Akt der unbegrenzten Sprachproduktion ermöglicht, der für Menschen charakteristisch ist und ihn vom Reiz-Reaktions-Schema der Verständigungslautfolgen der Tiere wesentlich unterscheidet. Eine solche Freiheit gegenüber den Instinkten und äußeren Reizen und Zwecken sei Grundlage der menschlichen Vernunft und der Sprache der Ratio sowie aller künstlerischer Kreativität. Entsprechende Gedanken fand Chomsky bei dem, von ihm wiederentdeckten, französischen Philosophen Géraud de Cordemoy,[89] in dessen Tradition er sich sieht. Als Vorläufer seiner Hypothese, die Kompetenzen des Sprachdenkens seien auf genetische Anlagen zurückzuführen, nennt er den englischen Wissenschaftler Herbert von Cherbury.[90]
Chomsky verfolgt weiterhin in seiner Untersuchung die Entwicklung der linguistischen Theorie von den cartesianischen Ansätzen zu Vertretern der Klassik und Romantik wie Wilhelm von Humboldt[91] und verweist vor allem auf dessen Auffassung einer universell gültigen Ordnung und einer organischen Einheit von Sprache und Denken in generativen Prozessen: Sprache und Gedanken würden durch dieselbe Kraft erzeugt. Beim Wahrnehmen und Benennen der Umwelt spielten a priori festgelegte Vorkenntnisse bzw. Ideen eine große Rolle. Diese geistigen Kapazitäten vergleicht Chomsky mit seiner Theorie der intern repräsentierten Schemata.
In der Zielsetzung ähnlich sind die Vorstellungen Fodors, der mit Chomsky am MIT zusammenarbeitete (s. o.: Fodors kognitionswissenschaftliche Grundlage): Sprach- und Denkstrukturen entsprechen einander und sind – unabhängig von der äußeren Welt – als ererbtes inneres System in abgegrenzten Modulen des Gehirns lokalisiert. (s. Kasten Phrenologie). Unbeeinflusst von individuellen Erfahrungen und Stimmungen ermöglichen sie objektive Erkenntnisse. Voraussetzung dafür ist, dass diese Sprache des Denkens im Gegensatz zu natürlichen Sprachen nicht mehrdeutig sein darf: Ein Begriff hat nur eine Bedeutung, deren Wahrheitsgehalt in Anlehnung an Alfred Tarski (s. o.: Montague und Tarski) durch ihren Bezug (Referenz) auf ein Objekt der außersprachlichen Welt (Extension) überprüfbar ist. Nach dem Kompositionsprinzip wird die Gesamtaussage aus den Teilen zusammengesetzt. Diese nicht bildhaften, sondern mit syntaktischen (> Aufbauregeln) und semantischen (> Relationen) kompositionellen Strukturen ausgestatteten abstrakten geistigen Schemata (Mentalese) bilden die Grundlage jeder natürlichen , z. B. der englischen Sprache. Von einem solchen Medium mentaler Prozesse unterscheidet Fodor die kommunikative Funktion der gesprochenen Sprache als sekundäre Erscheinung. In einem Interview[92] bekräftigt er seine Vorstellungen, distanziert sich entsprechend von den „Wittgensteinians“ (s. u.:Kritik im Bereich der Sprachwissenschaft) und „Whorfians“ (s. u.: Universalismus oder Linguistischer Relativismus – Chomsky gegen Whorf), die das Sprachsystem als in den Sprachgebrauch integrierten Untersuchungsgegenstand wählen, und lehnt konnektivistische Auffassungen von den Gehirnfunktionen[93] ebenso ab wie ganzheitliche Körper-Geist-Theorien.[94]
Im Gegensatz zu dieser traditionellen – gewissermaßen körperlosen – Philosophie nehmen Lakoff und seine Mitarbeiter an, dass das Denken, die begrifflichen und die sprachlichen Strukturen, nicht allein im Gehirn konzentriert sind, sondern durch ein den Körper und das Gehirn verbindendes sensorisch-motorischen System entstehen. Sie orientieren sich an kognitionswissenschaftlichen Theorien, die eine reine Wahrnehmung eines Objekts, wie sie Fodor und Chomsky postulieren, ausschließen,[95] vielmehr sei bei allen Prozessen, die Vorstellungen z. B. von einem Vorgang oder einer Person bilden, speichern und verarbeiten, die Körper-Perspektive wesentlich, und zwar sowohl bei aktuellem Signalempfang aus der Welt außerhalb des Organismus als auch bei der Erinnerung an nicht gegenwärtige Erlebnisse: Im Gegensatz zur traditionellen Philosophie gehen die Vertreter eines Körper-Geist-Denkens davon aus, dass nicht nur der Gegenstand der Außenwelt selbst, sondern die am Vorgang beteiligten sinnlichen Wahrnehmungstätigkeiten (sehen, hören, fühlen…) sowie Veränderungen des Organismus, beispielsweise Anpassungsmaßnahmen in Gefahrensituationen, und emotionale Reaktionen kartiert werden. Daraus ergibt sich als dritter Faktor die Beziehung zwischen Objekt und Organismus, d. h. das Bewusstsein der persönlichen Partizipation am Gegenstand, die eigene Anteilnahme sowie Bewertung in Verbindung mit der Erfahrungsperspektive. Diese drei Systeme werden in getrennten, auf weite Regionen des Gehirns verteilten, Neuronenstrukturen aufgezeichnet und ergeben schließlich durch vielfältige Vernetzung eine integrale Vorstellung, ohne dass ein bestimmter Regierungsraum, ein in Chomskys Theorie vorausgesetzter cartesianischer Steuermann beteiligt ist.[96] Nach Damásio „können [wir] der Beteiligung [unseres] Organismus einfach nicht entkommen, vor allem der motorischen und emotionalen nicht, da sie untrennbar zu [unserem] Geist gehören.“[97] (s. auch: Kritik von Seiten der Kognitionsforschung).
Vergleichbar mit Margaret Wilson[98] beschreiben Lakoff und Johnson, wie Situationen, z. B. Zeitdruck, Stimmungen, Beziehungsprobleme, aber auch Erinnerungen, individuelle Interessen, Wünsche usw. die Wahrnehmung, die Erkenntnisprozesse sowie die Entscheidungen der Menschen beeinflussen. Er – und in ähnlicher Weise Mark Johnson[99] – nimmt an, die menschliche Sprache sei metaphorischer Natur (s. Cognitive Grammar von Ronald Langacker und s. Gestaltpsychologie.): D. h. bei neuen Wortbildungen ohne unmittelbaren Bezug zur Realität (Abstrakta, Sammelbegriffe) gehen die Menschen – seit Beginn der Sprachentwicklung – in der Regel von Einzeldingen und -wesen (Konkreta) der alltäglichen Erfahrung aus und verbinden sie mit dem Gedanklichen. Humberto Maturana und Francisco Varela nutzen beispielsweise das Bild einer menschlichen Pyramide (s. Kasten), um damit einen abstrakten und komplizierten Gleichgewichtsprozess verständlicher zu machen. Entsprechend funktionieren Symbole, Parabeln, Vergleiche, Analogien, Metaphern (Preissturz, Windschatten, das Leben ist eine Reise, das Tuch der Nacht breitete sich über dem Park aus, Morgenröte der Freiheit) u. ä. rhetorische Figuren. Zudem stellen sich Lakoff u. a. vor, dass die sprachlichen Ausdrücke, bzw. die Ideen – vergleichbar mit Metaphern, die für ihre Bedeutungsübertragung im Prinzip zwei Quellen nutzen – partiell auf mentalen Karten (neurale Schaltkreise, die viele verschiedene Areale des Gehirns vernetzen) abgebildet und in einem Überlagerungsprozess (conceptual metaphor, conceptual blending), den man für die Sprache noch nicht genau erforscht hat, zu Strukturen zusammengefügt werden (konzeptionelle Integration): dass sie also individuelle gedankliche Konstruktionen sind. Metaphern sind demnach nicht allein sprachliche Formen der Übertragung von einem auf einen anderen Bereich, sondern bildhafte interaktive Handlungs- und Denkmuster, die mit bewussten und unbewussten kognitiven Prozessen im Gehirn korrespondieren. Vorlagen dieses Ansatzes (s. Kasten Menschliche Pyramide) sind u. a. die Forschungen des Biologen und Neurowissenschaftlers Francisco Varela.[100] (Weiteres unter: Kritik von Seiten der Kognitionsforschung)
Leben in Metaphern? – Pinker gegen Lakoff
Umfangreiches Material fand Lakoff in den US-Wahlkämpfen der Bush-Ära, die er für seine Interpretation der unterschiedlichen Denk- und Sprachmuster ausgewertet hat:[101] Häufig verwendet sowohl die Republikanische – als auch die Demokratische Partei dieselben Formeln (wie big government), die jedoch mit unterschiedlichen Bezügen und Bewertungen verbunden sind (Die Demokraten meinen mit big government den von ihnen kritisch beleuchteten Militärapparat). Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang für Lakoff die in der Strategie der Demokraten vernachlässigte, jedoch von den Konservativen (1994 family values) in den Vordergrund gestellte Familien-Metaphorik (Country-is-a-Family-metaphor). Dies war – seiner Meinung nach – für Bushs Wahlerfolge mitverantwortlich, denn das Familienbild stehe in enger Verbindung mit dem Verständnis der Amerikaner von ihrem Land: Die Regierung korrespondiert mit den Eltern und die einzelnen Bürger mit den Kindern. Das Verständnis, wie die Familie am besten organisiert werde, habe direkten Bezug zu der Frage, wie das Land zu regieren sei. Trotz unterschiedlichem Weltbild[102] und davon beeinflussten Begriffsinhalten benutzten auch hier beide Gruppierungen dieselben Wörter. Familie sei jedoch bei den Konservativen mit dem strict father model, d. h. mit fester Strukturierung der zeitlich begrenzten Erziehung und Wertevermittlung (wie Disziplin, Erfolgsstreben) verknüpft, bei den Liberalen dagegen mit dem nurturant parent model: mit kinderzentrierter Unterstützung durch die Eltern als evtl. lebenslangem Prozess. Lakoff schließt daraus, dass Wörter keine isolierte Bedeutung haben, sondern in Relation zum geistigen System stehen. Um den politischen Gegner zu verstehen, müsse man seinen gedanklichen, begrifflichen Apparat kennen.[103] Diese Thematik hat Lakoff in mehreren Büchern weiterverfolgt[104][105] Als Berater der Demokraten schlug er vor, sie sollten sich ihrer eigenen Leit-Metaphern bewusst werden und diese einsetzen, anstatt die der Republikaner (z. B. tax relief – Steuer-Entlastung) zu benutzen, weil diese mit festen konservativen Vorstellungen besetzt seien und nicht einfach mit neuer Bedeutung umgefüllt werden könnten. Z. B. assoziiere die Formulierung tax relief, Steuern seien eine Last, von der man befreit werden müsste. Er nimmt an, dass die Aktivierung der mentalen Prozesse z. T. unbewusst geschieht, aber eine große Wirkung auf Meinung und Handlungen entfaltet. Die Verwendung der Schemata des Gegners käme also allein diesem zugute, da die relativierenden Argumente vom Wähler nicht kognitiv registriert würden. Die Demokraten müssten deshalb eigene Denkfabriken (think tanks) einrichten,[106] um ihre Wahlkampf-Metaphorik neu zu orientieren: Anstelle der Auseinandersetzung mit z. B. tax relief sollten sie ihr Sozial-Programm als membership fees (Mitgliederbeitrag) formulieren, also als notwendige Abgabe, um Dienstleistungen und Infrastrukturen der Gesellschaft, zu der sie als Mitglieder gehören, zu finanzieren.
Ein Hauptkritker Lakoffs ist der Kognitionswissenschaftler Steven Pinker.[107] In der Besprechung[108] von Lakoffs Buch Whose Freedom ?[109] setzt er sich u. a. mit der Metapher-Hypothese auseinander, die er als kognitiven Relativismus (s. u.: Universalismus oder Linguistischer Relativismus – Chomsky gegen Whorf) und eine Mischung aus miteinander rivalisierenden mathematischen, kognitionswissenschaftlichen und philosophischen Auffassungen bezeichnet, mit der sich Lakoff von der Position einer bewussten, universalen, objektiven vernunftbasierenden Logik absetzt. Gegen Lakoffs linguistische Denkfabrik hat er u. a. zwei Einwände:
Einmal die Wirksamkeit von neuen – die Realität beschönigenden bzw. vernebelnden (euphemistischen) – Wortbildungen: Metaphern bestimmen die Denkprozesse nicht direkt und unbewusst. Ihre Bestandteile müssen durch mentale Basisstrukturen erfasst und gefiltert und mit Kontexten verbunden werden. Menschen lassen sich deshalb nur durch Metaphern überzeugen, wenn sie ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge haben und Aspekte auswählen können, die sie sinnvoll finden. Informationen werden in der Regel im Gehirn nur gespeichert und durch schnelle Schaltungen (s. u.: Frames) für die Sprache verfügbar gemacht, wenn sie zum persönlichen Konzept passen. Folglich erfolgen Denkprozesse nicht durch automatische Übernahmen von Mustern. D. h. Menschen können Sprachmuster einschätzen und auswerten.
Ein zweiter Punkt baut auf der Bewertung der Metaphorik auf und fokussiert Lakoffs Engagement zwischen 2003 and 2008 für den progressiven think tank des Rockridge Instituts, das liberale Politiker beim Umgang mit politischer Metaphorik unterstützte. Seine Ratschläge für Wortschöpfungen werden als Orwellian bezeichnet. Pinker bezieht sich dabei auf George Orwells Roman 1984: Eine totalitäre Parteidiktatur versucht durch Sprachmanipulationen (Neusprache) das Denken des Volkes umzuformen. (s. u. Universalismus oder Linguistischer Relativismus – Chomsky gegen Whorf). Mit dieser Anspielung missbilligt Pinker das Engagement Lakoffs und die Nutzung der wissenschaftlichen Linguistik für parteipolitische Propaganda.
Lakoff weist in einer Erwiderung die Vorwürfe zurück.[110] Seine politische Aktivität (ethics-driven approach to language wie Jane Jakobs) vermag er als konsequente Umsetzung seiner Philosophie anzusehen. Gegenüber dem Vorwurf der einseitigen Perspektive und der Propagandahilfe kann er auf Kp. 7 (Why We Need a New Understanding of American Politics) und Kp. 17 (Varieties of Liberals and Conservatives)[111] verweisen und auf seine Argumente gegen oberflächliche Stereotype (shallow stereotypes) sowohl bei den Konservativen wie den Liberalen. Bezüglich der Methode hat Lakoff bereits 1987[112] und 1999[113] der Kritik vorausgegriffen, indem er vermutete, dass die kognitive Metaphorik kein Gegenstand wissenschaftlicher Methoden ist, dass jedoch die wissenschaftliche Methode als fein entwickeltes Denk-, Schlussfolgerungssystem Phänomene zu entdecken vermag, die anschließend mit der Terminologie der neuen conceptual metaphors verstanden werden können (wie fließende Bewegung für elektronische Vorgänge). D. h.: conceptual metaphors ist selbst eine Metapher. Andere Wissenschaftler (wie Deleuze, Guattari, Michael Foucault, Manuel de Landa) sehen in der Debatte die Weiterführung des alten ontologischen Streits um die Dominanz einer Körper- oder Geist- Philosophie.
Dekompositionsprinzip oder linguistischer Holismus
Die von der Körper-Philosophie abgeleitete Idee ist, dass die differenzierte Bedeutung des einzelnen Wortes nur durch Zugriff auf komplexe Kenntnisse verständlich werden kann. Im Unterschied zu Chomsky erweitert Lakoff – entsprechend seiner ganzheitlichen Auffassung (s.Holismus) von Sprache und Denken – in seinem idealized cognitive mode (ICM) das Forschungsfeld auf Begriffe, die nicht klar abgrenzbar sind, sondern unscharfe Übergänge[114] und übertragene Bedeutungen haben. Gemeinsam mit Mark Johnson[115] und Elisabeth Wehling[116] untersucht er alltägliche Redesituationen, z. B. die Kriegsmetaphorik in Sportwett-kämpfen und in Wort-gefechten.
Fillmores Form und Bedeutung – Semantik (form-meaning pair)
Die Dynamik der semantischen Interpretation spiegelt sich auch in der wissenschaftlichen Biographie Charles J. Fillmores:[117] Zuerst ein Verfechter der Transformationsgrammatik,[118] akzentierte er dann – ähnlich Lakoff – die Funktion des Verbs (s. o.: case grammar) und löste sich mit der Frame-Semantik[119] endgültig von den Semantikkonzeptionen der Generativen Grammatik: Die Wortbedeutungen werden – im Gegensatz zu Fodors und Chomskys Vorstellungen – nicht durch Zerlegung in die inhaltlichen und formalen Bestandteile ermittelt, sondern durch Erweiterung des Bezug zu dem gesamten Verständnishorizont des Sprechers. Beispielsweise erfordert das Verstehen der einfachen Frage des Personalchefs in einem Bewerbungsgespräch „Welche Vorstellungen haben Sie bezüglich Ihres Gehaltes?“ viele Informationen: über die Personen, ihre Rollen bzw. Perspektiven (Selbsteinschätzung, Erwartungen, Strategie: Reflexion über die Intention der Frage und der Reaktion auf die Antwort…), den Ablauf und die Mechanismen des Auswahlverfahrens, die Marktlage und das Lohnniveau, ähnliche Erlebnisse... Dazu müssen die passenden aus Anwendungssituationen typisierten, unter vielfältigen Aspekten gespeicherten und vernetzten Erfahrungsmuster abgerufen und koordiniert werden. Das ist Aufgabe der semantic frames. Sie sind Verknüpfungsapparaturen und haben die Funktion, die vom Sprecher ausgelösten Zeichen (Wortkette, Betonung, Mimik, Gestik, Körperhaltung…) mit den für den Verstehensprozess des Hörers erforderlichen Informationen zu verbinden. Die sinnvolle Anwendung jedes einzelnen Begriffes setzt also die Kenntnis aller voraus. Fillmore greift sowohl in dieser Frame – Semantik wie in seiner Konzeption einer Konstruktionsgrammatik[120] – ähnlich Lakoff und seiner Schülerin Adele Goldberg[121] – auf Modelle der Kognitionswissenschaften zurück, die nicht von einer Abbildung atomarer Bestandteile in abstrakter Form und einer entsprechenden Speicherung in Modulen des Gehirns ausgehen, sondern von Form und Bedeutung – einschließlich Tonhöhe (Prosodie) und Intonation – verbindenden Repräsentationen ganzer Wörter (form-meaning pair) und Wortgruppen, z. B. idiomatischen Ausdrücken (Redewendungen wie ins Gras beißen) in Familienbeziehungen d. h. in situativen oder begrifflichen (Wortfeld) Zusammenhängen, geordnet nach Intensität, Häufigkeit usw. (s. Prototypensemantik). Die meisten Vertreter der Konstruktionsgrammatik stellen sich die Wahrnehmungsprozesse sowohl redundant (Mehrfachspeicherung an verschiedenen neuralen Modulen) als auch in einer gewissen Filterung oder Reduktion (induktiv bzw. bottom up) vor, in Übereinstimmung mit einer Verallgemeinerung beim Lernen über sich wiederholende Ereignisse der Sprachverwendung (usage events).
Angeborene oder erlernte Sprache (nature versus nurture debate)
→ siehe auch: Chomskys und Fodors Vorstellungen der angeborenen Modularität des Geistes
In Anwendung der Theorie von Sprache und Denken wurden Chomskys und Fodors[122] Vorstellungen, die Fähigkeit, eine Sprache zu erlernen, sowie die sprachspezifischen kognitiven Regelapparate seien angeboren, unter sozial- und bildungspolitischen Aspekten diskutiert.[123] Chomsky hatte bereits 1959[124] die behavioristische Lernpsychologie in Frage gestellt, die das Phänomen Sprache als sprachliches Verhalten versteht[125] und das Erlernen nach dem Grundsatz der Verstärkung – ähnlich einer Dressur – strukturiert, wobei die erfolgreiche Anwendung (Erfolgserlebnis = Belohnung) das natürliche Lernveralten des Kindes (operative Konditionierung) unterstützt. Nach dem Denkansatz, dass allein Interaktionen mit der Umwelt und die biologischen Verstärker für den Spracherwerb von Bedeutung sind, wurden zahlreiche Sprachprogramme entwickelt. Deren Autoren bestritten energisch Chomskys und Fodors These, die sprachspezifischen kognitiven Regelapparate seien angeboren.[126] Nach Chomskys und Fodors Auffassung werden dagegen die geistigen Strukturen durch Module im Gehirn organisiert:[127] Chomsky bezeichnet eines dieser spezialisierten Subsysteme, welches die Universalsprache enthält und den Spracherwerbmechanismus steuert, Language Acquisition Device (LAD).[128] In der Debatte vertrat er die Position, Sprachprogramme seien nur sinnvoll, sofern sie die Rahmenbedingungen der menschlichen Biologie berücksichtigen.[129] denn die Natur setze dem hypothetischen Spielraum des Kinds beim Erlernen seiner Muttersprache enge Grenzen. Wie Fodor sieht er das Erlernen der Sprache im Prinzip als einen vorprogrammiert ablaufenden Vorgang an, der mit dem 5. Lebensjahr im Wesentlichen abgeschlossen ist. Chomsky stellt sich den Sprachprozess wie einen Menüplan mit Wahlmöglichkeiten vor: Das menschliche Gehirn ist ausgestattet mit einem Satz von Auswahlmöglichkeiten. Das Kind wählt die richtige Lösung, indem es die Sprache der Eltern – in Verbindung mit der Situation – als Maßstab benutzt.[130] Ähnlich sieht Steven Pinker angeborene komplexe Strukturen, als Sprachinstinkt[131] bezeichnet, als Voraussetzung für die nicht automatisch, sondern erst im sozialen Umfeld erfolgenden Lernentwicklungen.[132][133][134]
Universalismus oder Linguistischer Relativismus – Chomsky gegen Whorf
Ein weiterer Kristallisationspunkt der wars ist die sich bis in die Gegenwart fortsetzende Debatte um das Linguistische Relativitätsprinzip (Linguistic relativity): Anlass war die Erforschung einzelner Sprachen amerikanischer Ureinwohner v. a. durch Edward Sapir (u. a. Chinook), Benjamin Whorf[135] und Daniel L. Everett.
Da sich sowohl Vokabular und Grammatik als auch die Weltbilder und Lebensvorstellungen dieser Kulturen deutlich von den europäisch-nordamerikanischen unterscheiden, folgerte Sapir,[136] in der Sprache spiegele sich die physikalische sowie soziale Umwelt eines Volkes und die Entwicklungen des Denkens und der Sprache hätten sich in einem verwickelten Prozess wechselseitig befruchtet und beeinflusst.
Sprache und Weltbild der Hopi
Sapirs Mitarbeiter Whorf griff den Gedanken der Wechselbeziehung auf und akzentuierte die Semantik und Grammatik als bestimmende Faktoren, da sie gegenüber den kulturellen Verhältnissen das sich langsamer wandelnde System darstellen: „Wir gliedern die Natur an Linien auf, die durch unsere Muttersprache vorgesehen sind.“ Die Welt „präsentiert sich in einem kaleidoskopartigen Strom von Eindrücken, der durch unseren Geist organisiert werden muss – das aber heißt weitgehend: von dem linguistischen System in unserem Geist.“[137] Daraus leitete er das auch als Sapir-Whorf-Hypothese bezeichnete und in verschiedenen Versionen formulierte Linguistische Relativitätsprinzip ab: Menschen, die unterschiedliche sprachliche Strukturschemata (incl. der Semantik) benutzen, werden – z. B. durch das vorhandene Begriffsraster – zu verschiedenen Beobachtungen (man nimmt das wahr, wofür es einen Begriff gibt, anderes wird vernachlässigt) und Bewertungen der Umwelt geführt und gelangen zu verschiedenen Ansichten von der Welt.
Am Beispiel des Zeitverständnisses der Hopi[138] versucht er den Unterschied zum indoeuropäischen naturwissenschaftlichen Sprach-Weltbild aufzuzeigen. Der Zeitfluss würde bei den Indianern nicht in unterscheidbare zählbare Sequenzen unterteilt (3 Tage, 5 Jahre), sondern als ein Prozess verstanden und sie hätten auch keine entsprechenden Begriffe für gestern, heute, morgen. Diese Vorstellung sei grundlegend für viele andere Aspekte ihrer Kultur: Verhaltensmuster (behavioral patterns), Begriffe und Denkvorstellungen orientieren sich am jährlichen Naturkreislauf und den darauf basierenden religiösen Zeremonien bei Aussaat, Wachstum und Ernte sowie an den Ritualen der Eingliederung der Kinder ins Sippenleben. Es fehlen bei Naturbeobachtungen mathematisch-physikalische Kriterien (z. B. für eine Kalenderführung). Whorf folgert daraus – in Verbindung mit anderen sprachlichen Phänomen (wie Wortarten und ihre Funktionen[139][140][141][142]) – dass das wissenschaftliche Denken eine spezielle Entwicklung des westlichen indoeuropäischen Sprachtypus (SAE-languages) ist, z. B. der Subjekt-Prädikat-Typus (> Logik) oder die verdinglichte Welt: formlose Prozesse (Zeit) werden mit Hilfe räumlicher Metaphern erfasst (großer Zeitraum).[143][144]
Whorfs Hypothese kollidiert mit Chomskys Idee einer universalen Sprache des Geistes nach dem Muster der natürlichen Logik. Er bestreitet, dass im Sprecher beim Gebrauch der Sprache nur das ausgedrückt wird, was im Wesentlichen bereits unsprachlich formuliert ist. Die Gesetze der Logik seien nicht für alle Menschen gleich. Vielmehr hätten die Sprachphänomene einen automatischen Hintergrundcharakter (das komplizierte System linguistischer Strukturen und Klassifikationen), der oft außerhalb des kritischen Bewusstseins des Sprechers liege und nicht für alle Menschen der gleiche, sondern in jeder Sprache anders sei.[145]
Chomsky seinerseits kritisiert sowohl die komplizierten Untersuchungsmethoden (Missverständnisse und Übersetzungsfehler der Informanten Whorfs) und die uneinheitliche Terminologie als auch die hypothetischen Folgerungen Whorfs und kann sich durch nachfolgende Überprüfungen bestätigt fühlen – u. a. durch Helmut Gipper und Ekkehart Malotki.[146] Gipper korrigierte z. B. die Beobachtung, die Hopi hätten keine verbalen Zeitdifferenzierungen. Grundsätzlich bestreitet er Whorfs Annahme einer Welt, die dem Betrachter als kaleidoskopartiger undifferenzierter Strom von Eindrücken erscheint; vielmehr sei sie „ein Gewebe komplexer Strukturen, die der menschliche Geist nicht erst erfindet, sondern entdeckt.“[147]
Everetts Untersuchung der Sprache der pirahã-people
Ein weiteres zwischen den Relativisten und den Universalisten diskutiertes Beispiel ist die von Daniel L. Everett[148][149][150] dokumentierte Sprache eines – pirahã-people genannten – Jäger-und-Sammler-Stammes im brasilianischen Amazonas-Urwald, die nur Hauptsatz-Strukturen und eigenständige einfache Wortfeld-Muster aufweist, welche mit einem produktiven, aber begrenzten Regelsatz eines Schachspiels verglichen werden können, jedoch nicht mit einem – wie Chomsky annimmt – rekursiven, sich immer wieder erneuernden Baukastensystem (Vergleich mit einer – virtuell – unendlichen „Russische-Puppe“-Verschachtelung: s. Kasten oben: Entwicklung der Debatte).
Eine Folge dieser Veröffentlichung war ein Wiederaufleben der Auseinandersetzung um den linguistischen Relativismus : U. a. wendet der Kognitionswissenschaftler Steven Pinker[151] gegen Everett ein, dass das Denken von der natürlichen Sprache unabhängig ist und in einer ihr vorausgehenden Meta-Sprache geschieht, die er in Anlehnung an Jerry Fodors LOT (s. o.) mentalese nennt (s. Leben in Metaphern?). Auch Chomsky, anfänglich ein Befürworter Everetts, lehnt dessen Interpretation ab.[152] Als Reaktion distanziert sich Everett bei einer Buch-Ankündigung [153] auf seiner Webseite 2010 weitergehend von Chomskys Annahmen einer angeborenen Denk-Sprache und bezeichnet Sprache – wie Pfeil und Bogen – als ein in der Evolution entwickeltes Werkzeug der Verständigung zur Lösung menschlicher Probleme. D. h.: Die Sprache wird mit den sich ändernden Möglichkeiten und Bedürfnissen im Zusammenhang mit den Umweltfaktoren geformt und differenziert. Mit dieser Erklärung orientiert Everett sich nicht an Whorfs Hypothese, sondern eher an Sapirs Vorstellung von einem wechselseitigen Prozess (s. o.) und weiterführend an Maturanas und Varelas Modell eines rekursiven Entwicklungsprozesses (s. o. Sprache und Denken: Geist- und/oder Körper-Philosophie mit Kasten Menschliche Pyramide). Weiteres unter: Der Baum der Erkenntnis
Neubewertung
Nach Dominanz der Universalisten (Universal Grammar) um Chomsky bis in die 1980er Jahre[154] betrachtet die Forschung heute relativistische Aspekte v. a. empirisch – und theoretisch differenzierter: Vergleichende Untersuchungen [155] ergaben eine Vielzahl unterschiedlicher Sprachsysteme, der Funktionen der Wortarten, der syntaktischen Strukturen und der semantischen Relationen, wie der Weltatlas der Sprachstrukturen des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie belegt. [156] Whorfs Arbeiten werden – u. a. in Verbindung mit der kognitiven Linguistik[157] – neu bewertet. In diesem Zusammenhang nehmen Daniel Casasanto[158] sowie J. A. Lucy[159] das gemäßigte Relativitätsprinzip Whorfs (Sprache beeinflusst das Denken, determiniert es aber nicht) gegenüber – ihrer Meinung nach – überzogenen Angriffen der Universalisten wie Pinker in Schutz. Ebenso George Lakoff,[160] der den in einzelnen Kulturen teilweise unterschiedlichen metaphorischen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit der Denkweise der Sprecher und auch in Verbindung mit politisch-ideologischen Positionen (Sprachlenkung) sieht. (Weiteres unter: Sprache und Denken: Geist- und/oder Körper-Philosophie und Leben in Metaphern?)
Nonsens oder Metaphorik
Im Zusammenhang mit den veränderten Schwerpunkten der Sprachforschung ist Chomskys links abgebildetes Beispiel Colorless green ideas sleep furiously[161] eine Herausforderung für metaphorische Interpretation. Eigentlich soll es genau das Gegenteil demonstrieren, nämlich einen unverständlichen, aber grammatisch korrekt gebauten Satz, der den Unterschied zwischen einerseits syntaktischen Strukturen und andererseits semantischen Wortbeziehungen zeigt sowie die schöpferische Fähigkeit des Sprechers, neue ungewöhnliche Kombinationen herzustellen. Angeregt durch die Semantik – Diskussionen (s. o. Sprache und Denken: Geist- und/oder Körper-Philosophie: Lakoffs Arbeiten zur Metaphorik) versuchten der chinesische Linguist Chao[162] und Studenten im Rahmen eines Wettbewerbs der Stanford University 1985[163] eine Lösung zu finden, z. B. folgende:
„Newly formed (green) bland (colorless) ideas are inexpressible (sleep) in an infuriating (furiously) way (etwa: Unausgereifte ausdruckslose Gedanken sind unaussprechlich in einer vertrackten Art und Weise).“
Die semantische Theorie in der Diskussion
Kritik im Bereich der Sprachwissenschaft
Die Methodenkritik[164] im Bereich der Sprachwissenschaft setzt an dem zentralen Punkt an, dass Katz/Fodor, Chomsky und Lakoff variable kontext- und sprechsituationsabhängige Bedeutungen von Wörtern und Sätzen nicht mathematisch adäquat modellieren wollen bzw. können: Die Abgrenzungen der Theorien Katz’/Fodors – gegenüber der Sprachverwendung, z. B. Redekonstellation und Beziehungsfelder zwischen den Sprachteilnehmern – sei von der mathematischen Modellierbarkeit bestimmt. D. h. diese Modelle berücksichtigten nicht die umfassenden Aufgaben der Linguistik. Damit wird eine Diskussion um die Algebraisierung aus der Sprachphilosophie, speziell der Logik, aufgegriffen. Sowohl Katz/Fodor als auch Chomsky sind einer Wissenschaftsauffassung verpflichtet, die sich in der Tradition von Rudolf Carnap und anderer Vertreter des logischen Empirismus mit der Fiktion einer idealen Sprache befasst, die von der Alltagssprache abgeleitet ist und sich, durch Reduktion aller Ungenauigkeiten, aus sauberen Atomsätzen aufbaut. Die natürliche Logik dieser Universalsprache der Wissenschaft sollte in ihren Kalkülen den Eigenschaften natürlicher Sprachen entsprechen und eine logische Analyse nach dem Muster der physikalischen Sprache ermöglichen.
Die Methodenkritik ist von den ersten Publikationen Chomskys an mit der grundlegenden Frage verbunden, ob seine linguistischen Hypothesen dem Wesen der Sprache und der Aufgabe einer Grammatik gerecht werden. So bezeichnete Charles Hockett (s. Konstituentenstrukturgrammatik) 1964 als Präsident der Linguistic Society of America zwar einerseits die Syntactic Structures als Epochenwerk, sprach sich aber andererseits vier Jahre später[167] gegen die formale, „monolithische“ idealisierende Abstraktion des Chomsky-Systems aus, das er für keine angemessene Grundlage einer Beschreibung der wirklichen Sprachfähigkeit hielt. Dieser Bewertung schlossen sich in den wars (s. The Linguistics Wars) viele an: Die semantischen Theorien der TG werden vor allem von Seiten der Pragmatik hinterfragt, mit Berufung auf Ludwig Wittgenstein, der in den Philosophischen Untersuchungen[168] seine früher vertretene Auffassung von einer logischen, die Erkenntnis der Wahrheit eröffnende, Struktur der Sprache revidiert (s. o. Sprache und Denken: Geist- und/oder Körper-Philosophie) und nun die dyadische Theorie der Bedeutung („Jedes Wort hat eine Bedeutung. […] Sie ist der Gegenstand, für welchen das Wort steht.“[169]) ablehnt. Vielmehr sei „[d]ie Bedeutung eines Wortes [...] sein Gebrauch in der Sprache“.[170] Die Regeln würden dadurch bestimmt, dass sprachliche Äußerungen in der Kommunikation des Alltags in unterschiedlichen Situationen verschiedene Funktionen übernehmen (Sprachspiel genannt): „Sieh den Satz als Instrument an und seinen Sinn als seine Verwendung.“[171] In der Metapher einer historischen Stadt mit „ein[em] „Gewinkel von Gässchen und Plätzen, alten und neuen Häusern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten: und dies umgeben von einer Menge Vororte mit geraden und regelmäßigen Straßen und mit einförmigen Häusern.“[172] veranschaulicht Wittgenstein, dass die Semantik der natürlichen Sprachen immer wieder den wechselnden Erfordernissen der Lebensformen angepasst worden ist und deshalb neben ihrem Regelapparat viele Ausnahmen, Mehrdeutigkeiten und Unschärfen aufweist: Es entstand ein Sprachspiel- Ensemble[173] im Rahmen von z. B. berufsbezogen Tätigkeiten (s. Kasten: semantisches Netzwerk). Ins Zentrum der Analysen rückt Wittgenstein die Alltagssprache: „Wir führen die Wörter von ihrer metaphysischen auf ihre alltägliche Verwendung zurück.“[174] Mit einer anderen Metapher illustriert Otto Neurath den Unterschied seiner Position gegenüber Rudolf Carnaps Hypothese (s. o.): Er spricht von einem Schiff, das nie einen Hafen anlaufen kann und das daher nicht in einem Dock, sondern auf hoher See repariert bzw. umgebaut werden muss. „Es gebe kein Mittel, eine Sprache aus endgültig gesicherten Protokollsätzen an den absoluten Anfang der wissenschaftlichen Erkenntnis zu stellen.“ [175]
In dieser Tradition stehen die von Fodor, in einer Replik auf seine Kritiker, als „Wittgensteinians“ bezeichneten Referenzsemantiker, Sozio- und Psycholinguisten[176] (s. o.: Alternativkonzeptionen zu Chomskys Modellen: Prototypensemantik und Korpuslinguistik). Sie bestreiten durch ähnliche Überlegungen die Hypothese einer universellen Basissprache mit einem idealen Sprecher/Hörer und wählen als Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen die alltägliche Sprachverwendung, die neben gelungener Kommunikation ungewollte und bewusste Irreführung (Lügen, Verschleierung durch Vagheit der Ausdrucksweise, Überredung und andere Manipulationen) beinhaltet. Zur Erklärung des Phänomens, dass missverständliche oder mehrdeutige Äußerungen von verschiedenen Hörern unterschiedlich verstanden werden, muss die semantische Theorie mit verschiedenen Kodes arbeiten und von Fehlern des Sprechers/Hörers bei der Regelanwendung ausgehen. Aber auch dann können die Absichten der Sprachteilnehmer in konkreten Situationen mit den oben beschriebenen Methoden nicht erfasst werden.
→ siehe auch Sprechakttheorie: Einordnung
Kritik von Seiten der Kognitionsforschung
Unterstützung erhalten die Pragmatiker von Seiten der Kognitionsforschung: Seit der Entwicklung konstrukivistischer Konzepte[177] auf der Basis neuer kognitiver/neurologischer Erkenntnisse[178] weiß man, dass es eine von Fodor u. a. (s. o.: Sprache und Denken: Geist- und/oder Körper-Philosophie) postulierte Sprecher-Hörer Idealisierung in der Realität nicht gibt, sondern dass jeder einzelne Sprecher/Hörer seine Kompetenzen in einem kybernetischen Prozess von Kindheit an im Rahmen seiner Sozialisation entwickelt und Sprechen/Hören individuell gefiltert sind. In diesem Zusammenhang wird auch prinzipiell die Rolle der Sprache bei der Kognition diskutiert.
Aus neurologischer Sicht definiert António Damásio „Geist“ als „komplexen biologischen Prozess“, der, von Umwelt und individueller Biographie geprägt,[179] „nur privat in Erscheinung tritt“.[180] Er nimmt damit, wie sein Buchtitel „Ich fühle, also bin ich“ signalisiert, eine Gegenposition zu René Descartes Vorstellung einer von Gefühlen unabhängigen Denkzentrale im Kopf ein, von der aus der Körper wie eine Maschine gelenkt werden kann (Ich denke, also bin ich).[181] Fodor und Chomsky orientieren sich an einem solchen Denkzentrum mit einer universalen Grammatik (s. o. Sprache und Denken). Entsprechend relativiert Damásio in seiner Hypothese, welche er aus Studien über Menschen mit Hirnschädigungen ableitet, die Rolle der Sprache bei den Denkvorgängen und widerspricht der Auffassung, dass „das Bewusstsein […] eine sprachliche Interpretation fortlaufender geistiger Prozesse“ sei.[182] Wahrnehmung und kognitive Prozesse entstünden nicht durch die Sprache, sondern umgekehrt: Sprache sei immer „die Übersetzung von etwas, das vor [ihr] war.“ „ Wörter und Sätze übersetzen Begriffe und Begriffe bestehen aus der nicht sprachlichen Idee dessen, was Dinge, Handlungen, Ereignisse und Beziehungen sind“.[183] Die Sprache trage sicherlich durch die Eigenschaften der Präzisierung, Abstraktion, Klassifizierung usw.[184] „entscheidend zu den höheren Bewusstseinsformen bei“, „verdeck[e]“ aber zugleich den fundamentalen nichtsprachlichen Bewusstseinsprozess, da dieser unablässig verbalisiert werde.[185] Reduziert man auf solche Weise die Funktionen der Sprache auf eine Art Werkzeugcharakter, so erübrigen sich Diskussionen sowohl über Möglichkeiten bzw. Gefahren einer Sprachlenkung (s. o.: Sprache und Denken: Geist- und/oder Körper-Philosophie|Leben in Metaphern?) als auch über die Beeinflussung des Denkens beim Aufbau eines Weltbildes (s. o.: Universalismus oder Linguistischer Relativismus).
Die Neurobiologen Humberto Maturana und Francisco Varela[186] (siehe auch: Der Baum der Erkenntnis) akzentuieren stärker als Damásio die Rückkoppelungsprozesse und Wechselwirkungen zwischen Individuum und Umwelt und bezeichnen folglich als sprachlichen Bereich das in Interaktionen erlernte kommunikative Verhalten, das variabel ist und sich im Lauf der ontologischen Entwicklung (d. h. im Rahmen der Entwicklung des einzelnen Lebewesens) verändert . Das Nervensystem arbeite nicht mit Abbildungen (Repräsentationen) einer unabhängigen Welt. Wörter als Bezeichnungen von Objekten oder Situationen in der Welt würden nicht der Tatsache der Strukturkoppelung gerecht, in der Wörter ontologisch festgelegte Koordinationen von Verhalten sind. Sprachliche Bereiche entständen „in einem sozialen System, dem […] kein Entwurf zugrunde liegt. Der Prozess ist der einer Transformation von Verhalten bedingt durch Erhaltung des sozialen Systems mittels des Verhaltens der Bestandteile“ (siehe auch Kasten oben: Menschliche Pyramide).[187]
Eine weitere Beeinträchtigung erfährt Chomskys/Fodors Ziel (s. o.: Sprache und Denken: Geist- und/oder Körper-Philosophie), nicht nur das Basis-System abzubilden, sondern mit den Transformationsregeln sowohl das Erzeugen als auch das Erkennen der Sprache zu erklären, durch neue Forschungen im Bereich der Kybernetik und der Kognitionswissenschaft.[188] In der Künstliche Intelligenz-Forschung (s. Computational Neuroscience, Konnektivismus) wurde ein Modell entwickelt, welches nicht mehr vom Regelsystem eines herkömmlichen Computers ausgeht, sondern kognitive Fähigkeiten – vergleichbar mit denen des Gehirns[189] – als System der Wechselwirkung vieler vernetzter Bausteine – unabhängig von einer konkreten Realisierung einer Syntax – simuliert. Nach Damásio[190] bzw. Maturana und Varela[191] ist das Gehirn nicht wie ein Input/Output-Modell aufgebaut und hat die Fähigkeit zur intensiven Parallelverarbeitung: durch ein Netz von einhundertmilliarden Inter-Neuronen, welche Millionen von motorischen und sensorischen – über viele Stellen des Körpers verteilte – Nervenzellen miteinander verbinden (siehe auch Kasten oben: Menschliche Pyramide). Ein repräsentativer Ansatz mit einer Abbildung eines Begriffs im Gehirn als dem Inneren des Nervensystems sei kaum haltbar, da an den Schaltstellen Hunderte von Neuronen aus anderen Teilen des Nervensystems mit vielfältigen Effekten konvergieren und zu Überlagerungen führen. Die Aufzeichnung eines Namens werde man kaum an einer bestimmten Stelle im Kopf finden.
In Weiterführung dieses Gedankens demonstriert Damásio seine Abbildungs-Theorie am Beispiel des Wortes „Hammer“: Die zahlreichen latenten und impliziten Kartierungen (=Muster, Repräsentationen, Abbildungen) erfolgen in separaten neuronalen Gebieten des Gehirns, die „Aspekten unserer früheren Interaktionen mit einem Hammer entsprechen“, d. h. den unterschiedlichen sinnlichen Wahrnehmungen:[192] Form, physikalische Beschaffenheit, Verwendung, Handhabung bzw. Bewegungsmuster, Erinnerungen, Phoneme und Morpheme, die das Wort bilden. Die sich „ständig unter dem Einfluss interner und externer Inputs“ verändernden neuronalen Muster, welche vermutlich keine genauen Wiedergaben der Objekte, sondern abstrakte Aufzeichnungen sind,[193] werden also in den ihrer Beschaffenheit entsprechenden sensorischen, räumlich getrennten Regionen abgebildet, z. B. die visuellen Aspekte eines Objekts in Modulen der Sehrinde, und bei Bedarf durch enge Koordination der neuronalen Schaltkreise abgerufen und zu Vorstellungen zusammengesetzt, die eine sprachliche Beschreibung oder eine Definition ermöglichen. Bei einer Bestätigung dieser Hypothesen würde der Ansatz einer generativen Transformationsgrammatik sein Fundament verlieren, und zwar nicht wegen der Abbildungsproblematik, sondern wegen der nicht in Transformationsregeln darstellbaren komplexen Prozesse.
Dagegen lassen neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse Chomskys Annahme eines Spracherwerbsmechanismus, LAD, (s .o.: Angeborene oder erlernte Sprache) als möglich erscheinen. Das Gehirn verfügt nach Eric Kandel über „evolutionär erworbene Wahrnehmungsfertigkeiten und Verarbeitungskapazität“. Diese in die anatomische und funktionelle Organisation eingelassenen Erwartungen des Gehirns seien zwar zum Teil der Erfahrung zu verdanken, weitgehend aber apriorischen Erkenntnissen: den angeborenen neuronalen Verdrahtungen des Systems[194]: „Vermittelnde Schaltkreise […] sind […] ihrem Wesen nach […] durch Vererbungs- und Entwicklungsprozesse festgelegte […] Komponenten des Verhaltens, die neuronale Architektur [der Schaltkreise]“. Sie würden allerdings während des Lernprozesses durch Veränderungen der Stärke bestimmter Verbindungen im neuronalen Schaltkreis neues Wissen erwerben[195], d. h. am Lernprozess sind sowohl genetische als auch umweltbedingte Faktoren beteiligt.
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