Postume Begnadigung für Alan Turing
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London (Vereinigtes Königreich), 25.12.2013 – Am 24. Dezember 2013 und damit mehr als 59 Jahre nach seinem Tod wurde der britische Mathematiker Alan Turing durch einen Gnadenerlass von Königin Elisabeth II. rehabilitiert. Turing war 1952 für einen sexuellen Akt mit einem anderen Mann entsprechend einem Gesetz aus dem Jahre 1885 verurteilt worden. Die Sektion 11 des Criminal Law Ammendment diente dazu, homosexuelle Handlungen zu verfolgen, und nach ihr war bereits Oscar Wilde verurteilt worden. Während Wilde zu „schwerer Arbeit“ verurteilt wurde, war die Strafe für Turing die chemische Kastration, bei der ihm weibliche Hormone gespritzt wurden, um seinen Sexualtrieb zu dämpfen. Zwei Jahre nach dem Urteil starb Turing. Die offizielle Todesursache wurde als Selbsttötung festgestellt, während viele jedoch von einem Unfall sprachen.
Die Verurteilung und seine letzten zwei Lebensjahre überschatteten das Leben eines Mannes, der zuvor als Held gefeiert und als mathematisches Genie verehrt worden war. Turing war Mathematiker und gilt als einer der Väter des Computers. Er war im Zweiten Weltkrieg als Codeknacker für die britische Regierung tätig, und zu seinen größten Leistungen dabei gehört es, den Code der deutschen Enigma-Maschine so weitgehend entschlüsselt zu haben, dass man direkte Maßnahmen gegen derart verschlüsselte Meldungen ergreifen konnte.
Der jetzige Gnadenakt erfolgte, nachdem zuvor bereits zwei Versuche, durch Unterschriftensammlungen eine Begnadigung zu erreichen, gescheitert waren. 2009 entschuldigte sich der damalige Premierminister Gordon Brown als Ergebnis der Petition offiziell im Namen der Regierung für das Urteil. 2011 wurde eine zweite Petition vom dafür zuständigen Staatsminister im Justizministerium Thomas McNally jedoch mit dem Hinweis darauf, dass die Verurteilung entsprechend geltendem Recht erfolgt sei, abgelehnt. Der heutige britische Justizminister Chris Grayling begrüßte nun den Gnadenerlass der Königin als für einen Mann wie Turing angemessen und gerechtfertigt bei einem Urteil, das man heute als nicht tragbar ansehen würde.
In Manchester, wo seit 1994 eine Straße nach Turing benannt ist und wo es seit 2001 ein Denkmal für ihn gibt, ehrt auch die Universität Manchester den Mathematiker, der dort die letzten sechs Jahre seines Lebens gearbeitet hatte. Am 31. März 2014 - dem Jahrestag des Urteils - sollen nun die Namen aller Männer aus Manchester, die nach dem betreffenden Gesetz verurteilt wurden, in einer Zeremonie öffentlich verlesen werden. Alan Turing wurde begnadigt, doch es steht ein genereller Gnadenerlass für mindestens 50.000 Männer aus, die nach eben diesem Gesetz verurteilt wurden, wie der Aktivist Peter Tatchell betonte. Viele Wissenschaftler hoffen jedoch, dass sich nun der öffentliche Fokus zumindest für Alan Turing auf seine wissenschaftliche Leistungen und seinen Beitrag zum Zweiten Weltkrieg verschiebt.
Der Gnadenakt in Großbritannien erfolgt zu einer Zeit, wo in Uganda das Gesetz gegen Homosexualität gerade verschärft wird und die Höchststrafe nun lebenslange Freiheitsstrafe beträgt und das oberste Gericht in Indien die seit 2009 straffreie Homosexualität wieder zu einer Straftat erklärt.
Quellen
- BBC News: „Royal pardon for codebreaker Alan Turing“ (24.12.2013)
- BBC News: „Alan Turing: Manchester celebrates pardoned genius“ (24.12.2013)
- CNN: „Alan Turing, code-breaker castrated for homosexuality, receives royal pardon“ (24.12.2013)
- BBC News: „Richard Branson: Boycott Uganda over gay rights“ (24.12.2013)
- BBC News: „India top court reinstates gay sex ban“ (11.12.2013)