Abbauverluste

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Als Abbauverluste bezeichnet man im Bergbau die Inhalte eines Bodenschatzes innerhalb eines Grubenfeldes, die aus unterschiedlichen Gründen nicht abgebaut werden oder werden können.[1] Die Abbauverluste werden in Prozent des anstehenden Lagerstätteninhaltes angegeben.[2] Die Abbauverluste sind unter Berücksichtigung der Vollständigkeit der Gewinnung der Lagerstätte und der Wirtschaftlichkeit des Bergbaus möglichst gering zu halten.[3] Die Höhe der voraussichtlichen Abbauverluste muss bei der Berechnung der Rohstoffreichweite einer Lagerstätte berücksichtigt werden.[4]

Ursachen

Die Ursachen der Abbauverluste lassen sich einteilen in lagerstättenbedingte, betriebsbedingte Abbauverluste und sicherheitsbedingte Abbauverluste.[5]

Aufgrund der Geologie einer Lagerstätte ist nicht jeder Lagerstättenanteil bergmännisch hereinzugewinnen.[1] Durch Vertaubungen, Verschmälerungen oder sonstige geologische Störungen beeinträchtigte Lagerstätteninhalte können nicht oder nur unter erheblichem Aufwand abgebaut werden. Die lagerstättenbedingten Abbauverluste entstehen somit aufgrund der unterschiedlichen Form und des Aufbaus einer Lagerstätte.[5] Aber auch nicht bauwürdige Lagerstättenanteile führen letztendlich zu entsprechenden Abbauverlusten.[1]

Betriebsbedingte Abbauverluste entstehen überwiegend durch das gewählte Abbauverfahren.[6] Insbesondere Abbauverfahren ohne Bergeversatz zwingen den Bergmann dazu, aus Schutzgründen Bergfesten stehen zu lassen.[7] Bei diesen Abbauverfahren kommt durch die nicht abbaubaren Bergfesten zu großen Abbauverlusten.[5] Aber auch dann, wenn die Bergfesten hinterher abgebaut werden können, entstehen beim Abbau der Bergfesten leichte Abbauverluste.[7] Durch den rücksichtslosen Raubbau von Lagerstätten entstehen, je nach Lagerstätte, sehr große Abbauverluste.[8] Aber auch die nicht mehr gewinnbaren Vorräte stillgelegter Zechen zählen zu den betrieblichen Abbauverlusten.[5]

Zum Schutz von Grubenbauen oder von Tagesanlagen müssen in bestimmten Bereichen Sicherheitspfeiler stehen bleiben.[1] Diese Sicherheitspfeiler führen zu weiteren Abbauverlusten.[5] Insbesondere die durch die Schachtsicherheitspfeiler entstehenden Abbauverluste sind erheblich.[9] Da diese Pfeiler aufgrund des zu berücksichtigenden Bruchwinkels mit zunehmender Teufe größer werden, wachsen auch die Abbauverluste mit der zunehmenden Teufe.[3]

Höhe der Verluste

Die ersten Berechnungen über die Höhe der einzelnen Abbauverluste wurden bereits im 19. Jahrhundert auf der Königsgrube durchgeführt. Unter Berücksichtigung der Flözmächtigkeit, der Pfeilerhöhe und der Abschnittsbreite konnten erste Rückschlüsse über die Abbauverluste im Steinkohlenbergbau gewonnen werden.[10] Besonders beeinflusst werden die Abbauverluste durch das jeweilige Abbauverfahren. Beim streichenden Pfeilerbau liegen die Abbauverluste bei 30 Prozent. Hohe Abbauverluste entstehen auch beim Querbau. Insbesondere bei mächtigen Flötzen mit milder Kohle und druckhaftem Hangenden steigen diese Verluste auf bis zu 50 Prozent an. Beim Kammerbau liegen die Verluste bei über 50 Prozent.[11] Bei Kuhlenbau treten Abbauverluste von bis zu 54 Prozent auf.[12] Aufgrund der Sicherheitspfeiler treten beim Kuhlenbau Abbauverluste von 44 bis 60 Prozent auf. Sehr geringe Abbauverluste treten beim Etagenbau auf, sie liegen im Durchschnitt bei 11 Prozent.[11] Beim Rückbau der Bergfesten bleiben unter günstigen Umständen trotzdem Abbauverluste von knapp 10 Prozent.[7] Durch das vorzeitige Zubruchgehen von Pfeilerabschnitten oder bedingt durch vorzeitige Abwerfen von ganzen Bauabteilungen aufgrund von zu hohem Gebirgsdruck kommt es im Steinkohlenbergbau zu Abbauverlusten von 20 bis 30 Prozent.[3]

Minderung der Abbauverluste

Die Reduzierung der Abbauverluste ist insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich.[13] Sie lassen sich durch die Wahl eines, für den Abbau des jeweiligen Rohstoffes, speziell geeigneten Abbauverfahren erheblich reduzieren.[14] So lassen sich durch die Verwendung von Abbauverfahren mit Bergeversatz lassen sich die Abbauverluste deutlich senken.[15] Dies liegt daran das durch den Versatz die Standfestigkeit der Bergfesten erhöht wird.[16] Somit ist es durch die Verwendung von Versatz möglich, die zuvor stehengelassenen Bergfesten nachträglich abzubauen.[7] Durch eine gezielte Auffahrung lassen sich ebenfalls die Abbauverluste reduzieren. Durch das Breitauffahren der Grundstrecken können die durch das Anstehenlassen von Grundstreckensicherheitspfeilern entstehenden Abbauverluste vermieden werden. Die durch Bremsbergsicherheitspfeiler entstehenden Abbauverluste können durch entsprechende Auffahrung der Bremsberge vermieden werden.[3] Eine weitere Reduzierung der Abbauverluste entsteht durch den Abbau von bedingt abbauwürdigen Lagerstättenteilen. Bei Flözen sind in der Regel geringmächtige oder Flöze mit starken Verunreinigungen nur bedingt bauwürdig. Je nach Stand der Technik und nach Marktlage sind diese Flöze dann entweder bauwürdig oder nicht bauwürdig.[5] Aber auch die Nachfrage nach einem bestimmten Mineral führt dazu, dass auch nur bedingt bauwürdige oder selbst unbauwürdige Lagerstättenteile abgebaut werden. Diese Maßnahme wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im englischen Steinkohlenbergbau verstärkt durchgeführt, indem auch bis dahin als unbauwürdig geltende Flöze abgebaut wurden. Eine weitere Reduzierung der Abbauverluste ist der Abbau stehengelassener und bereits unterbauter Lagerstättenteile. Im Ruhrbergbau wurden aus Kostengründen auf mehreren Bergwerken bereits unterbaute Lagerstättenteile nachträglich wieder abgebaut.[8]

Einzelnachweise

  1. a b c d Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7.
  2. Joachim Huske: Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier. Daten und Fakten von den Anfängen bis 2005. 3. Auflage, Selbstverlag des Deutschen Bergbau-Museums, Bochum, 2006, ISBN 3-937203-24-9, S. 37.
  3. a b c d Fritz Heise, Fritz Herbst: Lehrbuch der Bergbaukunde. Mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus. Erster Band, fünfte verbesserte Auflage, mit 580 Abbildungen und einer farbigen Tafel, Verlag von Julius Springer, Berlin 1923, S. 324, 325, 341, 432.
  4. AG Rohstoffe des Direktorenkreises der Staatlichen Geologischen Dienste: Methoden zur Prognose von Reichweiten von Rohstoffen im Rahmen der Rohstoffsicherung.“ Informationen aus den Bund/Länderarbeitsgruppen der Staatlichen Dienste. Staatliche Geologische Dienste Deutschland, Februar 2020, Dok. 11.01. 19.
  5. a b c d e f Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde. Erster Band, 10. Auflage, mit 574 Abbildungen und einer farbigen Tafel, Springer Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1961.
  6. Wilhelm Hammer: Aufgaben und Fortschritte des Bergbaus zur Leistungssteigerung. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Heft. 16/17, 79. Jahrgang, Essen 24. April 1943, S. 233, 235.
  7. a b c d Albert Serlo: Leitfaden der Bergbaukunde. Erster Band, Vierte verbesserte und bis auf die neueste Zeit ergänzte Auflage, mit 745 in den Text gedruckten Holzschnitten und 32 lithographirten Tafeln, Verlag von Julius Springer, Berlin 1884, S. 484, 485.
  8. a b Fritz Heise, Fritz Herbst: Lehrbuch der Bergbaukunde mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus. Erster Band, Verlag von Julius Springer, Berlin 1908.
  9. Lena Asrih, Nikolai Ingenerf, Thorsten Meyer: Bergbau als techno-naturales System. Ein Beitrag zur modernen Bergbaugeschichte. In: Vereinigung der Freunde von Kunst und Kultur im Bergbau e. V. (Hrsg.): Der Anschnitt. Nr. 71, Heft 1, Bochum 2019, S. 4.
  10. Carl Friedrich Alexander Hartmann: Die Fortschritte des Steinkohlen-Bergbaues in der neuesten Zeit. Verlag von Julius Springer, Berlin 1859.
  11. a b Gustav Köhler: Lehrbuch der Bergbaukunde. 6. verbesserte Auflage, Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1903.
  12. Carl Hartmann: Conversations-Lexikon der Berg-, Hütten- & Salzwerkskunde und ihrer Hülfswissenschaften. Zweiter Band, Buchhandlung J. Scheible, Stuttgart 1840.
  13. Henry Rauche: Die Kaliindustrie im 21. Jahrhundert. Stand der Technik bei der Rohstoffgewinnung und der Rohstoffaufbereitung sowie der Entsorgung der dabei anfallenden Rückstände. Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media, Berlin/Heidelberg 2015, ISBN 978-3-662-46833-3, S. 107-110, 117, 118.
  14. Dominic Wittmer, Martin Erren, Christoph Lauwigi, Michael Ritthoff, Christoph Dressler: Umweltrelevante metallische Rohstoffe. Meilensteinbericht des Arbeitsschrittes 2.1 des Projekts „Materialeffizienz und Ressourcenschonung“ (MaRess), Teil 2 Untersuchungen zu ausgewählten Metallen Gallium, Gold, Indium, Mangan, Nickel, Palladium, Silber, Titan, Zink, Zinn, Projekt im Auftrag des BMU | UBA, Institut für Klima, Umwelt, Energie, Wuppertal 2010, S. V.7.
  15. Ivan Akinshin, Christian Missal, Lothar te Kamp: Simulation des druck- und zeitabhängigen Verhaltens von Versatzmaterial bei numerischen Berechnungen. In: Gesamtverband Steinkohle e. V.: Mining Report – Glückauf. Fachzeitschrift für Bergbau, Rohstoffe und Energie, 153 Jahrgang, No. 2, Verlag Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH, Essen 2017, ISSN 2195-6529, S. 167.
  16. H. Wagner: Die Rolle von Versatz im Bergbau. In: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte. Heft 2, 154. Jahrgang, Springer Nature, Berlin 2009, S. 55.